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Säbelrasseln: Korea: An der Schwelle zum Krieg

Der Schlüssel zur Entschärfung der brisanten Koreakrise liegt in Peking. Was für eine Art von neuer Supermacht möchte Peking sein?

Oft ist es so: Je lauter das Säbelrasseln, desto geringer die Kriegsgefahr. Leider gilt manchmal auch umgekehrt: Je leiser die Töne, desto größer das Risiko. Im Atomstreit mit Iran lässt sich der erste Teil der Regel studieren. Israel und die USA wollen davon ablenken, dass sie zum Militärschlag nicht bereit sind, weil die unerwünschten Folgen den potenziellen Nutzen überwiegen. Die martialischen Töne dienen dem Versuch, Druck auf Teheran auszuüben.

Korea wird nun zum Gegenbeispiel. Etwas Ungeheuerliches ist geschehen: Die Diktatur im Norden hat mitten in Friedenszeiten ein Schiff der südkoreanischen Marine mit einem Torpedo beschossen und versenkt. 46 Menschen starben. Das ist ein Kriegsakt, der den angegriffenen Staat zum Gegenschlag berechtigt. Zumindest wäre ein internationaler Aufschrei zu erwarten. Doch Südkorea und seine Schutzmacht USA üben äußerste Zurückhaltung. Ein Monat verging mit aufwändigen Untersuchungen, ehe die Schuld öffentlich dem Norden gegeben wurde.

Der Grund für dieses „Appeasement“ ist besorgniserregend. Offenbar ist die Lage im international isolierten Norden mit seinen periodischen Hungersnöten so verzweifelt, dass der Diktator den Krieg sucht – zur Ablenkung von der inneren Malaise. Der Süden würde eine militärische Konfrontation zwar am Ende wohl gewinnen, jedenfalls mit Hilfe der USA. Aber den Preis will niemand bezahlen: Millionen Tote – die Millionenstadt Seoul liegt im Bereich nordkoreanischer Raketen – und die Zerstörung einer Wirtschaft, die dynamisch wächst und gerade jetzt in der allgemeinen ökonomischen Verunsicherung eine der wenigen verlässlichen Stützen der Weltwirtschaft ist.

Kapitulation also vor einem Aggressor wie 1938 in München? Nein, das auch nicht ganz. Südkorea und die USA tun alles, um den Norden von eventuellen Kriegsplänen abzuschrecken, wollen dabei aber unterhalb der Schwelle bleiben, die Pjöngjang als Vorwand für neue Kriegshandlungen dient. Deshalb werden gemeinsame Manöver angekündigt, um die Verteidigungsbereitschaft zu belegen.

Der Schlüssel zur Entschärfung liegt in Peking. China ist die Schutzmacht des Nordens. Abermals erhebt sich die Frage, was für eine Art von neuer Supermacht Peking sein möchte: überall die Finger im Spiel haben, um nationale Interessen und Einflusssphären zu verteidigen, ohne Rücksicht auf die internationalen Folgen? Oder eine Macht, die sich mit ihrem Aufstieg immer stärker in eine globale Verantwortungsgemeinschaft einbinden lässt? Bei der Klimakonferenz in Kopenhagen und bei den Iransanktionen siegte Chinas Egoismus. Bei der Bekämpfung der Wirtschaftskrise agierte Peking dagegen gemeinschaftsdienlich – und wendete damit auch Schaden von sich selbst ab.

Es fügt sich, dass China gerade Gastgeber der Weltausstellung ist, und US-Außenministerin Hillary Clinton unter den Gästen weilt. Korea ist ins politische Zentrum der Expo gerückt. Peking muss an diesem Beispiel zeigen, wie es seine Rolle in der Welt versteht.

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