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Meinung: Salto vorwärts

Die Fusion von NOK und DSB ermöglicht effizientere Strukturen im deutschen Sport

Der Sport hat viel Macht. Die Regierung hat das schnell erkannt. Angela Merkel ist trotz ihres privaten Desinteresses am Fußball zur WM-Auslosung nach Leipzig gefahren. Dort hat sie die gesellschaftliche Kraft der 90 000 deutschen Vereine gelobt und den Sportfunktionären – vorrangig ältere Männer – „weise und zukunftsweisende Entscheidungen“ gewünscht. Denn zwei Versammlungen hatten am Wochenende in Köln über die größte Reform des Sports seit 50 Jahren zu befinden: die Auflösung von Nationalem Olympischen Komitee und Deutschem Sportbund, kurz NOK und DSB, sowie deren Fusion zum Deutschen Olympischen Sportbund, kurz DOSB. Der Reformbeschluss erfolgte wie gewünscht, die Arbeit aber beginnt erst jetzt.

Ein Misslingen – beinahe wäre es im NOK dazu gekommen – hätte den organisierten Sport an den Rand einer sich mühevoll reformierenden Gesellschaft gestellt. Mit sinnlosen Doppelstrukturen und, wie bei der gescheiterten Leipziger Olympiabewerbung geschehen, zerstrittenen Verbänden hat er sich lange genug geschadet.

Nun endlich werden überflüssige Gremien abgeschafft, Tagesgeschäft und strategische Planung wie in jedem Unternehmen getrennt. Wird es also künftig bei Olympischen Spielen mehr deutsche Medaillen geben? Natürlich nicht automatisch. Aber immerhin gibt es so die Chance, den Leistungssport zielgerichteter als bisher zu fördern – genaue Konzepte muss der sich im Mai konstituierende DOSB zügig erarbeiten. Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit haben nur noch einen Ansprechpartner – wer das sein wird, ist allerdings unklar. Eine quälende Personaldebatte könnte sich anschließen, vor allem wenn Favorit Thomas Bach den ihm oft angetragenen Job ablehnt und lieber seine Karriere im Internationalen Olympischen Komitee vorantreibt.

Der neu organisierte Sport hat weiterhin Reformbedarf. Vor allem müssen Spitzen- und Breitensport effizient zusammengeführt werden. Ja, die Stars der Bundesliga sind wichtig, um Kinder in Vereine zu locken. Aber die Spitze kommt nicht ohne die tägliche Bewegung der Freizeitsportler aus. Mit Hilfe der Vereine sparen Staat und Krankenkassen Millionen für Jugendbetreuung und Gesundheitsvorsorge. Die Stars von morgen trainieren in Amateurklassen. Doch viele Sportplätze nicht nur in Ostdeutschland harren der Sanierung. Ehrenamtliche Betreuer kämpfen um wenigstens symbolische Anerkennung. Sporttalente beklagen, dass sie Studium und Training nicht vereinbaren können, und sogar Medaillengewinner haben selten berufliche Perspektiven nach dem Karriereende.

Die Macht des Sports ist am Wochenende ein wenig gewachsen. Der neue Verband muss nun zeigen, dass er sich nicht allein am Werbewert von Olympischen Spielen und Fußball-Weltmeisterschaften orientiert.

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