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Wie soll die EU mit Wladimir Putin umgehen?

© dpa

Sanktionen der EU gegen Russland?: Lieber nicht pokern

Am Donnerstag haben die USA als Reaktion auf die Krim-Krise wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland verhängt. Die EU tut sich damit schwerer, denn Europa kann sich einen Rückfall in die Logik des Kalten Krieges nicht leisten. Die Folgen einer offenen Konfrontation sind nicht absehbar.

Wer ist Wladimir Putin? Einer, der Erinnerungen an das Jahr 1938 und Hitlers Expansionspolitik heraufbeschwört, wie die ehemalige amerikanische Außenministerin Hillary Clinton vermutet? Oder ein lupenreiner Demokrat, wie Gerhard Schröder einst dachte? Putin ist kein Demokrat nach westlichen Maßstäben, so viel steht fest. Man sehe sich nur einmal an, wie der russische Präsident im eigenen Land Demonstranten mundtot machen lässt, die sich für eine friedliche Lösung der Krim-Krise einsetzen.

Andererseits: Genauso wie Hitler-Vergleiche in die Irre führen, ist Putin auch kein Diktator vom Schlage eines Baschar al Assad. Gegen den Schlächter Assad verhängte die EU Sanktionen. Davon ließ sich das Regime in Damaskus aber kaum beeindrucken. Und jetzt soll Putin von der Krim ablassen, nur weil ihm die EU droht?

Europäer haben mehr zu verlieren als die USA

Bei den Sanktionen verhält es sich im Fall Russlands wie bei einem Pokerspiel: Die EU hofft darauf, dass das Gegenüber – also Putin – aussteigt und den wahnwitzigen Kurs gegenüber der Ukraine aufgibt. Aber in Brüssel und den Hauptstädten der EU-Länder weiß man auch: Sollten die EU-Länder tatsächlich nicht nur politische, sondern auch wirtschaftliche Sanktionen beschließen und beispielsweise Bankguthaben von Mitgliedern der russischen Elite einfrieren, dann würden sie damit auch ein hohes Risiko eingehen.

Deutsche, französische oder britische Firmen könnten von russischen Gegenmaßnahmen betroffen sein. Russland und die EU sind vor allem im Energiebereich wirtschaftlich so eng verflochten, dass sich beide Seiten einen derartigen Rückfall in die Logik des Kalten Krieges nicht leisten können.

Anders sieht es im Fall der USA aus. Washington verhängt Kontensperrungen für diejenigen Personen, die die territoriale Integrität der Ukraine gefährden. Dieser Schritt zielt in erster Linie auf Scharfmacher in Russland. Aber für Washington steht anders als im Fall der Europäischen Union verhältnismäßig wenig auf dem Spiel: Das Handelsvolumen der USA mit Russland ist weit geringer als der wirtschaftliche Austausch mit dem Riesenreich auf dieser Seite des Atlantiks.

Folgen einer Konfrontation sind nicht absehbar

Sanktionen der EU sind nicht nur deshalb falsch, weil sich die Europäer damit ins eigene Fleisch schneiden und schlimmstenfalls diplomatisch doch nichts erreichen würden. Harte wirtschaftliche Strafaktionen sind auch gefährlich, weil sie eine neue Ost-West-Spaltung heraufbeschwören könnten. Das historische Verdienst der EU liegt gerade darin, diese Kluft mit der Osterweiterung überwunden zu haben. Sicher, das Verhältnis zwischen der EU und Russland hat sich seit dem Georgien-Krieg erheblich abgekühlt. Aber wenn die EU nun die Keule wirtschaftlicher Sanktionen herausholen sollte, dann droht der Gesprächsfaden zwischen Brüssel und Moskau ganz zu reißen.

Weil die Folgen einer offenen Konfrontation mit Russland nicht absehbar sind, sollte eine kluge Strategie der Europäischen Union zwei Ziele verfolgen: Einerseits sollten die EU-Länder ihr Milliarden-Hilfsprogramm für die Ukraine mit dem Angebot an Moskau verbinden, sich an der Wirtschaftshilfe für Kiew zu beteiligen. Und im Gegenzug sollten sie Putin dazu auffordern, seine Soldaten von der Krim abzuziehen.

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