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Ordnung auf den Straßen ist eben nicht nur Sache des Ordnungsamts, gute Nachbarschaft funktioniert nur gemeinsam mit dem Nachbar.

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Saubere Sache in Berlin: Heute wird angepackt, heute ist Aktionstag

Ordnung auf den Straßen ist nicht nur Sache des Ordnungsamts. Wer seinen Kiez pflegt, fördert auch den sozialen Zusammenhalt. Selbstverständlich ist das Engagement nicht.

Das ist unsere Stadt. Unsere Verantwortung. Den Menschen, die an diesem Freitag und Sonnabend auf Berlins Straßen und Plätzen unterwegs sind, die säubern, pflanzen oder Bänke streichen, muss dies niemand erklären. Sie sind die Kümmerer, die dort zupacken, wo andere Berliner nur klagen. Was an mehr als 180 Orten in allen Bezirken stattfindet – die großen Aktionen und die kleinen Einsätze, die Köpenicker Spielplatzreiniger oder Kreuzberger Farbkünstler –, verschönert nicht nur die Stadt. Es ist auch die stadtweite Demonstration eines Bürgersinns.

Denn immer mehr Menschen wissen, dass eine Stadt nur so weltoffen und bunt und lebenswert ist, wie ihre Bewohner dies als ihr ureigenes Anliegen begreifen. Wenn sich Menschen auch für scheinbar kleine Dinge des Alltags interessieren, den achtlos weggeworfenen Müll, die ungepflegten Rabatten, die verschmierten Parkbänke, und den vernachlässigten Sozialtreff, dann wächst Gemeinsinn. Ordnung auf den Straßen ist eben nicht nur Sache des Ordnungsamts, gute Nachbarschaft funktioniert nur gemeinsam mit dem Nachbar, und Lebensqualität in den Kiezen hat viel mit praktizierter Hilfsbereitschaft zu tun.

Das ist nicht selbstverständlich, nicht hier, wo es in beiden Teilen der Stadt aus historischen Gründen nach dem Mauerfall viel bürgerschaftlichen Nachholbedarf gab. Gerade in Berlin, wo sich die Bevölkerung wie in keiner anderen deutschen Stadt gewandelt hat, der Zuzug zunimmt und damit auch die Gefahr der Reibung wächst, ist eine Engagementkultur unverzichtbar für ein friedfertiges Gemeinwesen. Es zeigt sich aber auch, dass es in vielen Fällen gerade die Zugezogenen sind, die sich selbstverständlich als alteingesessene Berliner einbringen, weil sie das von ihrem alten Lebensmittelpunkt kennen und mit ihrem Engagement zugleich ein Bekenntnis abgeben zu ihrer neuen Heimat.

Da wächst was; unübersehbar ist das nicht nur am Aktionstag. Viele Berliner sind seit Jahren aktiv – in sozialen Einrichtungen oder einer Patenschaft für Parks und Plätze. Nicht nur am Aktionstag „Saubere Sache“ demonstrieren die Menschen ihre Bereitschaft, die Stadt und hilfsbedürftige Menschen zu unterstützen. Die zeitgleichen „Freiwilligentage“ und die beginnende „Engagementwoche“ zeigen, wie vielfältig und selbstverständlich sich Menschen in Berlin einbringen.

Bislang hat die Politik dies viel zu wenig gewürdigt; lobende Worte allein sind nicht genug. Der Einsatz für eine saubere Umwelt und pflegende Fürsorge kostet nichts, zum Nulltarif ist er trotzdem nicht zu haben. Zu häufig wird der Einsatz der Engagierten zynisch von den öffentlichen Kassenwarten genutzt, um Zuwendungen zu kürzen. Bürgerschaftliches Engagement aber benötigt nicht bloß Anerkennung, sondern auch stabile Rahmenbedingungen. Fehlt das, brechen die Projekte zusammen, sobald sich langjährig Einzelkämpfer frustriert verabschieden. Nachhaltig engagierte Bürger gibt es nur dann, wenn sich Menschen nicht als Lückenfüller missbraucht fühlen.

Da hat die Politik in Berlin noch einiges zu leisten. Anfänge gibt es. Das Berliner Abgeordnetenhaus hat gerade einen Ausschuss für bürgerschaftliches Engagement eingerichtet. Und der Senat hat sich Anfang September verpflichtet, das ehrenamtliche Engagement der Landesbediensteten zu fördern, damit solcher Einsatz nicht länger als Störfaktor der Betriebsabläufe gilt, sondern karrierefördernd sein kann. Gerade ältere Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, von denen in den nächsten Jahren Zehntausende in Pension gehen, können sich mit dem Ehrenamt eine neue Perspektive erschließen, bei der dann auch ihre fachlichen Kompetenzen willkommen sind.

Viele helfende Hände erreichen mehr. Aber Einsatz benötigt Ermutigung und Wertschätzung. Die Menschen, die in Köpenick Spielplätze gereinigt haben, die Unternehmer, die den Tiergarten herausputzten, oder die Wilmersdorfer Platzpaten schaffen nicht nur sichtbare Sauberkeit. Wer seinen Kiez pflegt, der fördert auch den sozialen Zusammenhalt und schafft im besten Sinne eine solidarische Nachbarschaft. Das kann keine Politik, keine staatliche Institution aus sich selbst heraus schaffen, geschweige denn verordnen. Nur pflegen und fördern.

Alle Informationen zur Aktion "Saubere Sache" finden Sie hier.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband und der Tagesspiegel laden ein zur Abschlussparty, am Sonnabend, 14. September, in das Verlagsgebäude am Askanischen Platz 3 am Anhalter Bahnhof. Ab 17 Uhr sind alle Leserinnen und Leser des Tagesspiegels herzlich willkommen. Im Erdgeschoss des Verlagshauses wird es ein Kulturprogramm mit Theaterszenen und Livemusik geben, auf dem Hof kann man bis 21 Uhr bei Getränken und Gegrilltem den Tag ausklingen lassen. Willkommen geheißen werden Sie von Staatssekretärin Hella Dunger-Löper und Barbara John vom Paritätischen Wohlfahrtsverband und Tagesspiegel-Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff. Der Eintritt ist frei! Wenn Sie mitfeiern wollen, melden Sie sich hier an.

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