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Schäuble und Griechenland: Europa ist Schicksal

Den Griechen helfen? Wolfgang Schäuble sagt, warum: für Europa, für die Welt. Da sprach der wahrscheinlich letzte große, überzeugte Europäer der CDU nach Helmut Kohl.

Europa! Ein Wort, eine Verheißung? Denkste. Nicht heute. Kein Mensch denkt gerade an Europa, die Schöne, alle denken nur an die, die im Staub des Finanzmarkts liegen und um Geld betteln, unser Geld. Alle? Nein, einer nicht: Wolfgang Schäuble.

Für ihn, den Finanzminister, den Schatzkanzler der Bundesregierung, ist Europa Schicksal. Seines auch, wegen des Geldes, das er mit seinen EU-Kollegen zusammenbringen muss, um Griechenland zu retten; wenn ihm das nicht gelänge, dann wäre er bei seinen Ansagen der vergangenen Tage gescheitert. Aber mehr noch: Europa ist Deutschlands Schicksal, meint Schäuble, jetzt und in Zukunft. Und er hat sogar Argumente dafür.

Die Debatte im Hohen Haus, eröffnet von seiner Regierungserklärung, war eine Lehrstunde. Da sprach der wahrscheinlich letzte große, überzeugte Europäer der CDU nach Helmut Kohl. Richtig ist alle Skepsis bei den enormen Hilfen, die gewährt werden. Ob Griechen – oder Iren, Spanier und Portugiesen –, alle müssen sie sich selbst retten (wollen). Das allerdings gilt es dann in der europäischen Schicksalsgemeinschaft auch zu honorieren.

Die Athener Regierung hat zum Beispiel ihrem Volk ein Sparprogramm verordnet, das auf deutsche Verhältnisse umgerechnet hieße, hierzulande die Ausgaben um 125 Milliarden Euro zu verringern. Da wären bei uns die Straßen auch voller Demonstranten, und mindestens politisch würde die Luft brennen. Aber so ist das in lebendigen Demokratien, sagt Schäuble. Recht hat er. Sagt auch die Mehrheit der Abgeordneten.

Hinzu kommt: Die EU ist nicht gerade nachsichtig mit den Griechen. Die Strukturreformen werden unnachgiebig erzwungen, die vereinbarten Privatisierungserlöse in Höhe von 50 Milliarden Euro insgesamt sind realistisch, aber eine harte Herausforderung; und die Vereinbarungen werden auch noch überprüft von der EU-Kommission, was an die Funktion eines Staatskommissars erinnert. Ein interessanter Aspekt am Rande: Eine Agentur soll bei dem Verkauf helfen. Deutschland kann hier seine Erfahrungen mit der Treuhandanstalt einbringen.

Eine ungeordnete Insolvenz in seinen Reihen, wie das so verbrämend heißt, kann sich Europa, kann sich Euroland nicht leisten und die Bundesregierung nicht zulassen. Deutschland, das in die EU exportiert wie die Weltmeister, würde dennoch alleine global gesehen nie so machtvoll sein wie ein geeintes Europa der bald 28, nicht bei den Chinesen, Indern, Russen – und besonders den Amerikanern. Denn das ist die zweite Seite der Medaille, die Barack Obama Angela Merkel angeheftet hat: Die Bundesregierung soll als verlässlicher Partner, schon gar in der Führung der westlichen Welt, Europa in Ordnung halten, weil alles andere sich auch auf die Gesundung der USA niederschlägt.

Ein Zerfall der EU ist keine Option – wenn das so ist, dann gibt es keinen Weg zurück, sondern nur nach vorn, mit mehr Integration, mit einer Wirtschaftsregierung, mit einem EU-Finanzminister. Aber das kommt morgen.

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