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Schauprozesse im Iran: Die Aura verloren

Natürlich kann das Regime in Teheran mit brutaler Hand noch eine ganze Weile für Ruhe sorgen. Die Legitimitätskrise wird dadurch aber nicht verschwinden. Die geistlichen Machthaber haben ihre Aura der Unangreifbarkeit verloren.

Das Regime scheint zum Äußersten entschlossen: Selbstbezichtigungen im Fernsehen, Schautribunale in Teheran, Todesurteile für Reformer – die übrige Welt wird sich auf weitere düstere Kapitel gefasst machen müssen. Auf den Straßen haben die Schlägertrupps des obersten Religionsführers inzwischen für Ruhe gesorgt. In den Gefängnissen erfoltern seine Schergen absurde Geständnisse, die die psychotischen Verschwörungsfantasien der Machthaber befriedigen sollen. Derweil predigen die Größen des Regimes freitags als Willen Allahs unerbittliche Härte gegen Demonstranten und lassen wochentags systematisch allen die Wohnung verwüsten, die von ihrem Balkon „Allah ist groß“ rufen. Wer in einem Trauerzug der Toten gedenken will, bekommt aus Angst vor neuen grünen Kundgebungen keine Genehmigung mehr. Damit aber gerät das spezifische Ineinander von Religion und Politik im Iran immer mehr aus den Fugen. Das offene Feuer des Protests geht über in einen unkalkulierbaren Schwelbrand. Natürlich kann das Regime mit brutaler Hand noch eine ganze Weile für Ruhe sorgen. Die Legitimitätskrise wird dadurch aber nicht verschwinden. Die geistlichen Machthaber haben ihre Aura der Unangreifbarkeit verloren. Und Präsident Ahmadinedschad ist vom selbst ernannten Sprecher gegen die Dominanz des Westens zu einem Paria geworden, der auf seine eigenen Landsleute schießen lässt. M.G.

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