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Meinung: Schröder folgt

TRANSATLANTISCHE TELEFONATE

Der Draht bleibt kalt. Gerhard Schröder will nicht bei George W. Bush anrufen. Er tut nicht, was Jacques Chirac gerade hinter sich gebracht hat. Bush seinerseits kommt Ende Mai nach Europa und betritt den Boden zweier Irakkriegsgegner, der Russen und der Franzosen (nicht aus bilateraler Sympathie, sondern wegen des G8-Gipfels). Deutschen Boden betritt er nicht. Kein Gespräch, kein Besuch: Sind die Amerikaner uns also böser als Paris und Moskau? Seit Monaten richtet sich Deutschlands starrer Blick auf Amerika. Von dort kommt, je nach Geschmack, das Übel oder das Heil. Was hierzulande schwer fällt, ist die Einsicht, dass die Deutschen den Amerikanern vergleichsweise egal sind. Bush fährt nach Russland und Frankreich, weil er es sich trotz allen Ärgers nicht leisten kann, den Draht zu zwei Ständigen Mitgliedern im Sicherheitsrat zu kappen. Die Gefühlslage gegenüber Berlin ist weniger von Ärger denn von Enttäuschung bestimmt: Lange habe Schröder eine realistische Außenpolitik betrieben, im Irak aber alles verspielt. Also spielt Berlin keine Rolle. Ärger lässt sich herunterschlucken, wenn es sein muss. Enttäuschung bleibt. Vor allem, wenn man die Hebel für das, was man politisch will, woanders ansetzen kann. Bush will Aufbauhilfe im Irak. Und sucht sie in Moskau und Paris. Berlin wird schon folgen. rvr

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