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Demonstration in Athen. Griechenland trifft die Schuldenkrise besonders hart.

© dpa

Schuldenkrise: Die Eurozone braucht eine Vermögensabgabe

Die Krisenländer der Euro-Zone stecken in einem Teufelskreis des Niedergangs. Eine Vermögensabgabe könnte die Verschuldung reduzieren, ohne die Wirtschaft zu ruinieren. Die Alternative ist der Zerfall der Euro-Zone und ein Megacrash.

Die Nachrichten könnten schlechter nicht sein. Monat für Monat steigt die Arbeitslosigkeit in den Krisenländern der Euro-Zone auf neue Rekordwerte. Parallel dazu wachsen trotz der massiven Kürzung der Staatsausgaben die Schuldenquoten noch an. Mit dem Ausfall der staatlichen Nachfrage bricht die Wirtschaftsleistung so stark ein, dass die Steuereinnahmen noch schneller schrumpfen als die Ausgaben.

Auf diesem Weg gerät ein Land nach dem anderen in einen Teufelskreis des Niedergangs, der zusehends die europäische Integration selbst infrage stellt. Ausgerechnet jetzt, wo die Krise die Europäischen Union eigentlich zu immer stärkerer Zusammenarbeit zwingt, tritt ebendieses Europa den Bürgern nur noch als eine aus dem deutschen Kanzleramt gesteuerte Technokrateninstanz gegenüber, die Spardiktate auf Kosten der einfachen Leute durchsetzt, aber keinerlei Perspektive auf Besserung zu bieten hat.

Das ist brandgefährlich, weil es Rechtspopulisten und Antieuropäern die Wähler zutreibt. Darum ist es nur zu verständlich, dass aus den Krisenstaaten und der Opposition in Deutschland und Frankreich der Ruf laut wird, dem großen Sparprogramm nun ein weiteres zur Wachstumsförderung hinterherzuschicken. Am kommenden Sonntag könnte Frankreich mit François Hollande sogar einen Präsidenten bekommen, der diese Forderung auf seine Fahnen geschrieben hat.

Doch das Konzept, mit zusätzlichen staatlichen Investitionen die Krisenökonomien wieder anzukurbeln, krankt an dem gleichen Fehler wie die Vorstellung, die Überschuldung ließe sich durch Ausgabenkürzungen überwinden: Die Rechnung geht nicht auf. Sowohl das Sparen als auch das Investieren auf Kredit, und nichts anderes wäre das geforderte „Wachstumsprogramm“, lässt unterm Strich die Verschuldung und mit ihr die Unsicherheit über künftige Zins- und Tilgungszahlungen ansteigen. Das aber treibt die Anleihezinsen, und so wird die Angst vor dem Niedergang zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung.

Diesem Dilemma kann Euro-Land nur entkommen, wenn seine Regenten sich endlich der eigentlichen Frage stellen: Wie kann die Überschuldung zurückgeführt werden, ohne die Wirtschaft zu ruinieren? Die Antwort ist naheliegend, aber noch immer ein politisches Tabu. Wo es „zu viele“ Schulden gibt, da gibt es zwangsläufig auch „zu viel“ Vermögen. Denn das eine ist immer der Spiegel des anderen. Wenn also Schulden getilgt werden sollen, ohne dass damit die Nachfrage auf breiter Front einbricht, dann kann dies nur über eine Abgabe auf die Geldvermögen geschehen, die in hohem Maße bei einem kleinen Teil der Bevölkerung konzentriert sind. Allein drei Millionen von 500 Millionen Europäern verfügen über mehr als eine Million Dollar liquide Geldanlagen. Zusammen besitzen sie gut zehn Billionen, mehr als doppelt so viel wie die Schulden der fünf Krisenstaaten zusammen. Würde man diese Vermögen, die zu mindestens vier Fünfteln Bürgern aus der Euro-Zone gehören und ohnehin nur Nachfrage nach Finanzanlagen erzeugen, mit einer zweiprozentigen jährlichen Abgabe belegen, ließe sich damit der von Deutschlands Wirtschaftsweisen vorgeschlagene gemeinsame Schuldentilgungsfonds der Euro-Zone planbar und auf lange Frist abtragen. Ja, natürlich würde eine solche Abgabe die Vermögen entwerten. Und doch wäre selbst den Betroffenen damit gut gedient. Die Alternative ist der Zerfall der Euro-Zone und ein Megacrash, der mehr Vermögen vernichtet, als es je eine Abgabe vermochte.

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