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Eine klare Richtung in der Griechenlandpolitik fehlt immer noch.

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Schuldenkrise: Noch verdienen wir an Griechenlands Not

An diesem Dienstag ringen die Euro-Finanzminister erneut um eine Lösung für die Griechenlandkrise. Der Druck auf die dortige Regierung darf nicht nachlassen, meint Gerd Appenzeller. Er hat aber einen Vorschlag, was Deutschland tun könnte, um Griechenland zu entlasten.

Wenn Wolfgang Schäuble an diesem Dienstag zum Treffen der Euro-Finanzminister nach Brüssel reist, hat er viele gute Ratschläge zur Lösung der Griechenlandkrise im Gepäck. Leider werden ihm die Tipps nicht helfen. Ökonomen und Politiker vertreten völlig konträre Ansichten und es ist zudem nicht so, dass jede der beiden Gruppen in sich einig wäre. Peter Bofinger, der Wirtschaftsweise, sieht zu einem weiteren Schuldenschnitt keine Alternative. Thomas Straubhaar vom Hamburger Weltwirtschaftsinstitut hält genau das für eine Katastrophe. EU-Kommissar Oettinger, einst CDU-Ministerpräsident, ist sehr dafür, Unionsfraktionschef Volker Kauder total dagegen.

Wie schon in den vergangenen zweieinhalb Jahren, seit Griechenland unter den Rettungsschirm schlüpfte, müssen die Finanzminister oder die Regierungschefs also auf Sicht, das heißt vorsichtig, entscheiden, da eine klare Richtung fehlt. Deshalb hatten sie immer wieder Maßnahmen zu akzeptieren, die sie Monate zuvor noch ablehnten. Die extremste war die Abkehr vom sogenannten Bail-out- Prinzip der europäischen Verträge, das die Mithaftung anderer EU-Staaten für die Finanzprobleme eines Mitglieds ausschließt. Desillusioniert akzeptierte die Politik als Lehre, dass die komplizierte Realität der wirtschaftlich eng miteinander verbundenen Euro-Staaten nicht mit der Theorie des „Jeder kämpft für sich alleine“ übereinstimmt.

Wer immer noch rigorose Maßnahmen fordert, wie die, Griechenland einfach pleitegehen zu lassen, erinnere sich an den Zusammenbruch des Geldhauses Lehman Brothers im Jahre 2008, den die US-Regierung damals glaubte hinnehmen zu können – und der dann zum Auslöser der größten Weltwirtschaftskrise seit den späten zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eskalierte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden die Finanzminister und später die Staats- und Regierungschefs daher nichts ähnlich Riskantes beschließen, im Gegenteil.

Getrieben werden sie dabei von IWF-Chefin Christine Lagarde, die den Europäern Zögerlichkeit bei der Lösung der griechischen Probleme vorwirft. Ein Hilfspaket, das sich an der Realität und nicht am Wunschdenken orientiert – das ist ihre Forderung, die wohl gehört werden wird. Auf den Partner Internationaler Währungsfonds wollen die Euro-Staaten auf keinen Fall verzichten, weil der mit seinen jahrzehntelangen Erfahrungen bei der Lösung von Staatsfinanzproblemen mehr Druck aufbauen kann.

Dieser Druck auf Griechenlands Regierung darf nicht nachlassen, wenn sie zwei Jahre mehr Zeit für die Umsetzung der Wirtschafts- und Strukturreformen bekommt. Denn dass der Mittelmeerstaat immer noch weit davon entfernt ist, gut verwaltet zu werden, zeigen die bisher bekannt gewordenen Details aus dem Bericht der Troika von EU, EZB und IWF. Wie die Euro-Staaten dieses Entgegenkommen finanzieren wollen, ob das in Deutschland überhaupt ohne neues Votum des Bundestages möglich ist, wissen wir vermutlich am Mittwoch.

Wahrscheinlich gibt es am Ende des Reformprozesses auch einen Verzicht auf Rückzahlung eines Teils der Kredite von 340 Milliarden Euro. Der ginge zulasten der Steuerzahler. Die Bundesregierung wird so etwas keinesfalls vor den Wahlen des Jahres 2013 akzeptieren. Totschweigen kann sie das Thema aber auch nicht. Anderes böte sich an: Deutschland könnte auf die 300 Millionen Euro Zinsen verzichten, die wir bisher mit dem Athen geliehenen Geld verdient haben.

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