zum Hauptinhalt

Schulessen: Hauptsache billig

Das Prinzip, das die Berliner Schulpolitik seit Jahren auszeichnet, heißt: durchwurschteln. Kein Wunder, dass dabei ein solches Schulessen herauskommt.

Rund vier Euro kostet das Essen in der Tagesspiegel-Kantine, vier Euro bezahlt auch meine Tochter für die Mittagsmahlzeit in ihrer Schule. Sowohl beim Tagesspiegel als auch in der Schule meiner Tochter gibt es eine Küche, das Essen wird jeden Tag frisch vor Ort gekocht. Das schließt nicht aus, dass auch hier der Koch krank oder ein Lebensmittel verdorben sein kann und den Gästen vom Essen schlecht wird. Aber: Selbst wenn so etwas passieren würde, wäre die Zahl der Betroffenen vergleichsweise gering.

In Berlin sind derzeit rund 2200 Kinder erkrankt. Im Verdacht steht das Schulessen eines Großcaterers. Ob zu Recht, wird noch untersucht. Aber selbst wenn Sodexo keine Schuld treffen sollte, wirft der Fall ein schlechtes Licht auf das Essen in Berliner Schulen.

2,10 Euro darf ein warmes Mittagessen derzeit kosten, 1,97 Euro zahlt der Senat den Bezirken pro Mahlzeit. Jeder Mensch, der zumindest gelegentlich kocht, weiß, dass man mit diesem Geld auf Dauer kein vernünftiges Essen auf den Tisch bringt, geschweige denn in Bio-Qualität oder aus regionalem Anbau. Caterer sagen das – nicht ganz uneigennützig – schon seit längerem. Seit der Durchfallepidemie haben sie neue Verbündete unter den Eltern und der politischen Opposition. Doch ob das etwas hilft?

Video: Ursachenforschung nach Massendurchfall

Wahrscheinlich nicht. Denn das Prinzip, das die Berliner Schulpolitik seit Jahren auszeichnet, heißt: durchwurschteln. Jahrgangsübergreifendes Lernen? Wurde gemacht, obwohl es weder geeignete Klassenräume gab noch genug Lehrer, um jedes Kind individuell zu betreuen. Früheinschulung? Dito. Inklusion von Behinderten? Siehe oben. Ganztagsschule? Auch hier regiert die Mängelverwaltung. In vielen Schulen fehlen Erzieher und Räumlichkeiten, um die Kinder am Nachmittag nicht nur zu verwahren, sondern auch sinnvoll zu beschäftigen.

Eine solche Von-der Hand-in-den-Mund-Politik richtet Schaden an: Nicht nur bei den Kindern, die auf der Strecke bleiben, weil sie das Pensum nicht schaffen, sondern bei allen. Ihnen wird täglich gespiegelt, wie wenig sie dem Staat wert sind. Das Schulessen ist dabei ein Mosaiksteinchen. Wer will, dass Kinder in der Schule einen Vollzeitjob machen, muss sie vernünftig ernähren und dafür einen angemessenen Preis zahlen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false