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Schwarz-Gelb: Die Steuer-Versenkung

Angela Merkel hat mit Philipp Rösler vereinbart, was jedermann ohnehin erwartet hat, nämlich eine kleine Senkung der Steuern und Abgaben bis zur nächsten Bundestagswahl. Die Kanzlerin hat jedoch die Chance vertan, die geplanten Entlastungen politisch zu verkaufen.

Von Antje Sirleschtov

Es gab eine Zeit in dieser an Peinlichkeiten reichen schwarz-gelben Regierung, da sah man in der Bundeskanzlerin noch so etwas wie eine letzte Instanz. Es war die Zeit, als sich Minister und Parteistrategen von FDP und Union monatelang und immer wieder aufs Neue öffentliche Schlachten um Sinn und Unsinn, Zeitpunkt und Umfang von Steuersenkungen geliefert haben. Es war die Zeit, da ein Vizekanzler namens Westerwelle den Deutschen mit Stufentarifen und einer „geistig-politischen Wende“ drohte. Das Publikum rang seinerzeit entgeistert um Fassung und hoffte, wenigstens Angela Merkel werde ihre wild gewordene Koalition in die Schranken weisen und endlich das Regieren beginnen. Die Kanzlerin hatte das Land zuvor mit der SPD einigermaßen ruhig durch die Weltfinanzkrise manövriert, sie galt noch immer als glaubwürdiger Anker, auch im heraufziehenden schwarz-gelben Chaos. Man durfte darauf vertrauen, dass wenigstens die Frau an der Spitze Wichtiges von Unwichtigem trennen und die Regierungsgeschäfte am Ende zum Guten für das Land erledigen würde.

Das alles ist jetzt gut ein Jahr her. Der Mann namens Westerwelle droht bekanntlich nur noch arabischen Potentaten, die FDP wird jetzt von einer Jungstruppe um Philipp Rösler geführt, die Veränderung und Besserung versprochen hat. Doch das schwarz-gelbe Steuerdesaster geht trotzdem weiter.

Der wichtigste Unterschied zu damals: Diesmal ist die Kanzlerin nicht mehr oberste Richterin. Man darf nicht mehr hoffen, sie werde die Streithähne zur Vorlage von seriösen Zahlenwerken bringen und die Angelegenheit am Ende schon irgendwie regeln. Diese Zeit der Angela Merkel ist vorbei.

Nun ist sie Teil des Spiels. Sie hat mit Rösler vereinbart, was jedermann ohnehin erwartet hat, nämlich eine kleine Senkung der Steuern und Abgaben bis zur nächsten Bundestagswahl. Doch sie hat nichts dafür getan, um aus der Vereinbarung ein glaubwürdiges Zeichen neuen schwarz-gelben Verantwortungsbewusstseins zu machen. Erst durfte der FDP-Chef die Vereinbarung wie einen Skalp den Parteianhängern präsentieren. Dann stellten sich Merkels Ministerpräsidenten wie eine Wand gegen ihre eigene Kanzlerin auf. Und schließlich muss sich Finanzminister Wolfgang Schäuble sogar noch zum Befehlsempfänger degradieren lassen. So miserabel endete die erste Hälfte von Merkels Wunschkoalition. Und so fängt die zweite an.

Man möchte eigentlich gar nicht mehr wissen, warum die Kanzlerin nicht bedacht hat, dass nach all dem Hick-Hack den Leuten Steuersenkungen nur zu verkaufen sein werden, wenn in ihrer Regierung zuerst gedacht wird, dann Mehrheiten organisiert werden und dann der Plan unters Volk gebracht wird. Man möchte auch nichts mehr hören von Schuldenbremsen, die eingehalten werden, von Steuergerechtigkeit. Man möchte eigentlich nur noch den Blick gen Himmel heben und hoffen, dass dieser Kanzlerin bei der Rettung Europas und des Euros nicht dieselben Fehler passieren. Denn das, was dann folgt, kann nicht einmal der Wähler korrigieren.

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