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Meinung: Schwarze Details

Die Opposition präsentiert drei Gegenkonzepte – und stößt dabei selbst an Grenzen

Es waren drei sehr unterschiedliche Typen von Oppositionspolitikern, die am Freitag versuchten, dem Kanzler nach seiner „Mut“-Rede Paroli zu bieten. Stoiber, Merkel, Westerwelle: Dies sind nicht nur verschiedene Generationen. Alle drei standen auch für unterschiedliche Konzepte, was denn die richtige Art des Umgangs mit der Regierung sein könnte.

Die CDU-Chefin versuchte sich an einem schwierigen Spagat. Sie formulierte sehr grundsätzliche Begriffe, die den Zustand der Bundesrepublik und die Wege aus der Krise beschreiben sollten: „Herauskommen aus dem Verwalten des Augenblicks“, „Reden ist Silber, Handeln ist Gold“. Zugleich wollte sie dem Vorwurf entgehen, nur oppositionelle Frontalattacken zu reiten, aber unpräzise zu bleiben und stieg folgerichtig hinab in die Niederungen der Schornsteinfegerbezirksordnung. Die Verknüpfung zwischen dem Großen und dem Kleinen gelang Merkel am besten, wenn sie über ihr Vertrauen in die Menschen sprach und davon, dass Deutschland auf Hochtechnologie angewiesen sei.

„Luft zum Atmen“ – das ist kein schlechtes Bild, wenn man einen Aufbruch sucht und jene, die Angst haben, nicht ins Zentrum stellen will – sondern die Zukunft. Freilich mögen die Merkel’schen Versuche der Grundsätzlichkeit auch eine Antwort gewesen sein auf etwas, das sie vom Kanzler erwartete, das dieser aber gar nicht lieferte: Überbau.

Wo Merkel den anderen Kanzler gab, bot Stoiber den besseren. Eine Prise Rechthaberei kann man dem Bayern dabei ja nicht völlig verdenken – FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt war wenig später auch nicht frei davon. Wo Merkel also das andere Konzept ins Zentrum ihrer Rede rückte, waren es bei Stoiber die besseren Konzepte. Und die Kritik an dem, was er die Schizophrenie von Rot-Grün nannte: im Wohnungsbau, bei den Kommunalfinanzen und in der Steuerpolitik erst die Schraube anzudrehen und nun Erleichterungen zu verkünden.

Wenn parlamentarische Opposition nach dem Prinzip handelt, dass die Regierung irgendetwas möchte und die Opposition folglich das genaue Gegenteil, dann gab es am Freitag keine Opposition. Sie forderte mehr, Konkreteres, Weitergehendes, Schnelleres – aber nichts Gegensätzliches.

Aus diesem Muster fiel nur Westerwelle. Er hielt die einzige Anti-Schröder-Rede und brachte ein Maß an Kampfeslust in die Debatte, wie es zuvor nicht vom Rednerpult zu hören war, sondern allein von den Stuhlreihen der pöbelnden SPD-Fraktionäre. Während die Union dem Kanzler bescheinigte, auf dem richtigen Weg zu sein, wenn auch zu langsam, hielt der FDP-Chef Schröder vor, einer gescheiterten Regierung vorzustehen und auf eine Detail-Liste statt auf eine Grundsatz-Linie zu setzen.

Und jetzt? Die Union bot eine nationale Kraftanstrengung und eine ausgestreckte Hand an. Das ist kein Zufall. Hinter all den konkurrierenden Details und den rhetorischen Kraftmeiereien lässt sich denn doch der Eindruck nicht vermeiden, dass Gerhard Schröder ganz nebenbei noch etwas anderes geleistet hat an diesem Freitag, etwas, das nichts mit den Reformplänen der Regierung zu tun hat. Der Kanzler hat recht genau umrissen, wo auch die Union steht. Wie weit auch die andere Volkspartei gehen kann. Und wo sie es sich auch nicht erlaubt, grundlegend anders zu reden. Was das andere angeht, das Handeln: Da müssen wir ohnedies noch warten.

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