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Meinung: Seine letzten Tage

Der „Richard Nixon der Downing Street“: Die Ära von Tony Blair geht zu Ende

Wir kennen den britischen Premier als Meister der Gegenoffensive. Solange die Polizei nicht eine Anzeige Walisischer Nationalisten verfolgt und Tony Blair wegen Verstößen gegen das Gesetz über „Missbrauch des Ehrensystems“ von 1925 anzeigt, wird er seinen Hals vermutlich auch aus dieser Schlinge ziehen.

Mag es so aussehen, als habe der Premier Wahlkampfspender mit Adelstiteln belohnen wollen – der Gegenschlag ist längst eingeleitet: Die Nennung der zwölf Businessmänner, die seinen Wahlkampf finanziert haben, hat die Kanonen auf die Konservativen gerichtet. Bei denen geht es angeblich um noch höhere Geheimkredite. Auch eine Reform der Parteienfinanzierung ist inzwischen eingeleitet. Und am Dienstag lenkte Blair die Aufmerksamkeit mit einer Rede zum internationalen Terrorismus flugs auf die Außenpolitik.

Und doch: Blair erscheint nun tödlich verwundet. Nicht, weil 73 Prozent der Briten glauben, dass seine Regierung „verfilzter“ ist als die seines Vorgängers John Major. Nicht, weil die „Daily Mail“ ihn den „Richard Nixon der Downing Street“ nennt. Nicht einmal, weil auch der treueste Begleiter, der „Guardian“, nun schreibt: „Neun Jahre sind genug.“

Die Ära Blair geht ihrem Ende entgegen, weil sein politisches Projekt vor den Augen der Briten zerbröselt. Die Unterhausabstimmung über die Schulreform sollte ihn noch einmal als kämpferischen Reformer zeigen, der gegen die Dinosaurier in der Labourpartei das große Reformwerk vollendet, das Margaret Thatcher anfing. Aber man sah nur, wie er seinen letzten großen Reformschlag Stück für Stück verwässerte und doch von der Parteirevolte fast weggeschwemmt wurde.

Schlimmeres droht beim staatlichen Gesundheitssystem, für das Labour Milliarden an Steuergeldern bereitstellte. Doch trotz des Geldregens müssen Krankenhäuser Millionendefizite abbauen, Operationen werden gestrichen, Chirurgen lösen Kreuzworträtsel, während die Wartezeiten wieder länger werden. Nur 23 Prozent der Briten glauben, dass Labour diesen Staatsmoloch im Griff hat.

Jahrelang ließen die Briten Blair seine präsidentenhaften Allüren, seine Manipulationen und Spendenaffären durchgehen, weil sie auf seine Reformkraft hofften. Nun sehen sie, dass die Erfolge in keinem Verhältnis zum Geld stehen, das Labour in die Systeme pumpte.

Wie lange wird der Todeskampf dauern? Wann wird Gordon Brown, der schon bestellte Nachfolger, der Qual ein Ende machen? Darüber kann man nur spekulieren. Aber nur wenige sind so optimistisch, wie der blairgetreue Labourminister, der sagte: „Gordon will so lange wie möglich warten und Tony noch die Drecksarbeit erledigen lassen.“

Eher könnte die Parteirevolte schon im Mai kommen, falls Labour bei den englischen Regionalwahlen so miserabel abschneidet, dass sich bei Unterhausabgeordneten Panik breit macht. Noch eine Spendenaffäre würden sie Blair durchgehen lassen – aber nur, solange er auf der Erfolgsstraße wandert. Das ist nicht mehr der Fall.

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