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Serbenführer: "Lasst uns hier bleiben"

Vertritt er riskante Kompromisse oder ist der Serbenführer Oliver Ivanovic tatsächlich bereit zum Dialog?

Von Caroline Fetscher

Den einen gilt er als Verräter, den anderen als Vermittler. Westliche Beobachter Südosteuropas bezeichnen Oliver Ivanovic als „dialogbereiten Kosovo-Serben“, eine Mehrheit der Serben im Kosovo betrachtet den professionellen Politiker als Vertreter riskanter Kompromisse. Ohne Zweifel gehört der im Kosovo groß gewordene Endvierziger, der fließend Albanisch, Englisch und, ohnehin, seine Muttersprache Serbisch spricht, zu den Hoffnungsträgern eines künftigen, demokratischen Kosovo.

Erst vor wenigen Tagen war Ivanovic nach Berlin gekommen, um mit deutschen Politikern und kosovo-albanischen Intellektuellen zu diskutieren. Mit einem Lächeln gestand er, unter den Serben im Kosovo zu den wenigen Wählern des pro-westlichen Präsidenten Boris Tadic zu zählen. Auch an den Wahlen im Kosovo selbst hat er sich beteiligt, trotz des Aufrufs aus Belgrad an die Landsleute im Kosovo, solche Wahlen zu boykottieren. Der im ethnisch gespaltenen Mitrovica lebende Ivanovic wählte dennoch, saß sogar im kosovarischen Parlament und überlebte vor zwei Jahren unverletzt ein Autobomben-Attentat, das vermutlich auf das Konto serbischer Hardliner ging. An ihre Adresse und an die der Kosovo-Albaner richtet Ivanovic den Ruf mit seinem Leitmotiv: „Lasst uns hier bleiben!“

In Berlin erklärte er zum Verhältnis zwischen Kosovo-Albanern und Kosovo-Serben mit illusionsloser Trauer: „Wir sind uns weder über die Vergangenheit einig, noch über die Zukunft.“ Die Unabhängigkeitserklärung erklärt er für völkerrechtswidrig, er warnt vor Folgen für die gesamte Region, insbesondere für die „Republika Srpska“ in Bosnien-Herzegowina. Dennoch war ihm so klar wie den meisten Serben und dem Rest der Welt, dass der Tag bevorstand. „Was danach im Kosovo los sein wird“, sagte Ivanovic, „wird vor allem davon abhängen, wie die Unabhängigkeit ausgerufen wird.“ Wer die Geschichte kenne, „der weiß, dass es schlimme Folgen haben kann, Serben an die Wand zu drängen.“

Der kosovo-albanische Ministerpräsident Hashim Thaci hatte solche Warnungen im Ohr, als er vor die gestrige Erklärung der Unabhängigkeit am Samstag eine öffentliche Ankündigung schob, bei der er versprach, sich für den Schutz der Minderheiten im Land einzusetzen. Am neuen Status, sagt Ivanovic, werde Kosovo nicht von allein gesunden: „Ein Status macht nicht satt!“ Nach der Party in Pristina werden sie wieder mit ihm sprechen müssen. Caroline Fetscher

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