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Meinung: Serbien: Der Diktator als Oppositionsführer

Slobodan Milosevic wird in Serbien auf absehbare Zeit keine Mehrheit finden. Aber er bleibt ein Machtfaktor mit einigem Störpotenzial.

Slobodan Milosevic wird in Serbien auf absehbare Zeit keine Mehrheit finden. Aber er bleibt ein Machtfaktor mit einigem Störpotenzial. Die Partei des gestürzten Autokraten hat viele Strohmänner und viel Geld. Gewiss, Milosevic benützt die Partei vor allem als Schutz vor möglicher Verfolgung durch das Haager Kriegsverbrechertribunal. So wird die Partei zusammen mit ihm untergehen. Doch bis es soweit ist, bleibt er eine Belastung für das ganze Land. Die Verhaftung und Auslieferung von Milosevic habe keine Priorität, sagt Nachfolger Vojislav Kostunica immer wieder. Spätestens nach den Wahlen im Dezember, wenn die neue Führung in Belgrad ihre Macht gefestigt haben wird, müsste Kostunica diese Position überdenken. Denn Milosevic und seine Getreuen in Armee oder Polizei können Reformen sabotieren. Hilfslieferungen nützen nicht viel, wenn in den Elektrizitätswerken Milosevic-Anhänger für Stromunterbrechungen sorgen. Die neue Führung wird sich nicht auf die Kräfte von gestern stützen können. Sie braucht einen klaren Schnitt. Sie braucht die Vergangenheitsbewältigung für den Neubeginn. So lange Milosevic auf freiem Fuß hetzen kann, bleibt die Belgrader Revolution unvollendet. Wenn der gestürzte Autokrat Oppositionsführer spielen darf, startet Serbiens Demokratie mit einem schweren Geburtsfehler. Die Belgrader Wende wird dann auf halbem Weg stecken bleiben.

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