zum Hauptinhalt

Meinung: Serbien: Teuer gespart, Kredit verspielt

Warum muss sich der Westen heute auf dem Balkan engagieren? Weil die Völker dort ohne Hilfe von außen offenbar nicht zu einem friedlichen Zusammenleben finden.

Warum muss sich der Westen heute auf dem Balkan engagieren? Weil die Völker dort ohne Hilfe von außen offenbar nicht zu einem friedlichen Zusammenleben finden. Und warum wird er sich auch in zehn oder zwanzig Jahren nicht zurückziehen können? Weil er mit der rechten Hand wieder einreißt, was er mit der linken gerade erst aufgerichtet hat.

Die Nato hat vor zwei Jahren Krieg gegen Serbien geführt. Das fachte einerseits noch einmal die Wut vieler Serben auf den Westen an, dem sie ohnehin Arroganz vorwerfen und Unverständnis für die historische Vorgeschichte der Konflikte. Andererseits trug die bittere Niederlage dazu bei, dass sich die Opposition vereint gegen Slobodan Milosevic stellte und den Diktator stürzte. Der Westen versprach großzügige Aufbauhilfe. Die ist in Belgrad bis heute nicht eingetroffen. Dennoch ging Serbiens neuer Premier Zoran Djindjic im Juni das Wagnis ein, Milosevic an das Kriegsverbrechertribunal auszuliefern - obwohl das Verfassungsgericht und die öffentliche Stimmung in Serbien dagegen standen. Und obwohl er damit den Bruch des Bündnisses mit Präsident Kostunica riskierte. Der Westen hatte ihn unter Druck gesetzt - und gelockt: Die Aufbauhilfe werde erst ausgezahlt, wenn Belgrad der Pflicht zur Auslieferung nachkomme.

Djindjic braucht das Geld. Er muss Erfolge vorweisen, um den Bürgern darüber hinwegzuhelfen, dass er aus deren Sicht gegen die nationale Ehre handelt. Er benötigt auch Geld und Erfolge, wenn er sich im internen Machtkampf gegen Kostunica behaupten will, der einen nationalistischen Kurs fährt und immer unverhohlener um die früheren Anhänger Milosevics wirbt. Doch die erste Tranche der EU-Hilfe wurde erst einmal mit ausstehenden Schulden verrechnet.

Das bekommt nun Carla del Ponte zu spüren. Die Chefanklägerin in Den Haag ist wieder einmal in Belgrad, um die Überstellung weiterer Angeklagter durchzusetzen. Zum Beispiel Milan Milutinovic, Serbiens Republikpräsident damals und heute. Doch jetzt blockt Djindjic ab. Warum soll er weitere Risiken eingehen, die ihm innenpolitisch schaden, wenn er nichts dafür bekommt?

Ein schwerer Fehler des Westens. Aus Kurzsichtigkeit, aus Arroganz, aus Desinteresse? In Mazedonien ist gerade eine Hunderte Millionen Mark teure Nato-Aktion angelaufen - unter anderem mit der Begründung, dass alle Erfolge in Bosnien, Kosovo und Serbien zunichte wären, wenn in Mazedonien Krieg ausbricht. In Serbien aber spart die EU an wenigen Millionen Aufbauhilfe, deren Auszahlung sie Djindjic verweigert. So demontiert der Westen seinen einzigen Hoffnungsträger. Die gesparten Millionen werden Europa und die USA noch teuer zu stehen kommen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false