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Meinung: Sie wollen nur ablenken

„Streit ums Knien“ vom 10. Mai Ob sich der Bus nun immer absenkt oder nur bei Bedarf, ist mir als Kinderwagen schiebende Nahverkehrsnutzerin ehrlich gestanden egal, Hauptsache, er senkt sich dann, wenn man es braucht.

„Streit ums Knien“ vom 10. Mai

Ob sich der Bus nun immer absenkt oder nur bei Bedarf, ist mir als Kinderwagen schiebende Nahverkehrsnutzerin ehrlich gestanden egal, Hauptsache, er senkt sich dann, wenn man es braucht. Das eigentliche Problem beim Ein- und Aussteigen ist sowieso nicht das Absenken, sondern der Abstand zum Bordstein – der ist meist so groß, dass ich den Kinderwagen so oder so tragen muss. In meinem Fall geht das ja noch, was aber sollen die Menschen machen, die ihr Gefährt nicht mal eben hochheben können?

Dieser Gedanke kommt mir fast täglich, seit ich auf einigermaßen barrierefreies Ein- und Umsteigen angewiesen bin. Auch hier muss ich sagen: Die modernen Busse sind nicht das größte Problem, die können sich ja immerhin absenken. Die Diskussion darüber scheint mir eher wie ein Ablenkungsmanöver. Richtige Probleme bereiten die vielen defekten oder gar nicht erst vorhandenen Fahrstühle, und davon ist die S-Bahn mindestens genauso betroffen wie die BVG. Anfang des Jahres beispielsweise war an der Friedrichstraße der Fahrstuhl am Gleis der Ost-West-

Verbindung für mehrere Wochen außer Betrieb. An einer der größten und wichtigsten Stationen der Stadt! Oder hier in Lichterfelde-West: Wegen angeblicher „Wartung“ über eine Woche defekt. Oder einfach so mal für ein paar Stunden nicht zu benutzen. Und so

weiter und so fort. Jede Fahrt durch die Stadt wird zu einem Glückspiel.

Mit dem Kinderwagen kann ich wenigstens noch (verbotenerweise) die Rolltreppe benutzen (falls vorhanden) oder Kind samt Karre notfalls tragen. Mit einem Rollstuhl geht das nicht, und auch für Menschen mit anderen körperlichen Einschränkungen können Treppen ein unüberwindliches Hindernis darstellen. Laut dem Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung sind derzeit immerhin „10 Prozent der Bevölkerung auf Barrierefreiheit zwingend angewiesen“ und „30 bis 40 Prozent brauchen sie als notwendige Hilfe bei der Bewältigung des alltäglichen

Lebens“. Die haben dann eben Pech

gehabt und müssen zu Hause bleiben, oder was?

Wenn durch „Bedarfskneeling“ der Busse Geld gespart werden könnte (angeblich ja fast 1,2 Millionen Euro pro Jahr), sollte man diese Möglichkeit dringend unterstützen – und verlangen, dass das Gesparte dann in die tatsächlichen „Problemzonen“ gesteckt wird.

Gerke Schlickmann-Ringsgwandl,

Berlin-Lichterfelde-West

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