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Meinung: So alt wie neu

WORT DES JAHRES

Von der Umwertung aller Werte sprach Friedrich Nietzsche und, wer es etwas kleiner haben möchte, sagt, der Begriff sei „umgeprägt worden“. Vom „alten Europa“ sprach der amerikanische Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, und damals, in der Zeit vor dem Irakkrieg, teilte das den Kontinent in die Weichen und die Harten. „Das alte Europa“ sollte rhetorisch den Geruch französischer Dekadenz und deutschen Angstschweißes vermitteln. Er ist erstaunlich schnell verflogen. Den Amerikanern, die Anfang des Jahres noch vom Mars stammten, ist die Definitionsmacht abhanden gekommen. „Alt“ bedeutet längst nicht mehr „unzeitgemäß“ (also feige und antiamerikanisch), sondern, wie es sich gehört, „weise“ (also multilateralistisch und selbstbewusst). Ähnlich schnell ist die Aura des „neuen Europa“ verflogen – man denke nur an die Rolle Polens beim EU-Gipfel in Brüssel. Der Begriff von Rumsfeld, selbst auch nicht mehr der Jüngste, wurde erfolgreich umgewertet. Und Europa, das sonst von Eroberungen nichts hält, hat sich einen Begriff zurückerobert. mos

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