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Meinung: So zieht man den Bayern die Lederhosen aus

Die Bundesliga sollte sich ein Beispiel an den USA nehmen

Von Marek Dutschke Die Bundesliga ist langweilig: Fast alle Spiele gehen unentschieden aus und die verfluchten Bayern sind so gut wie Meister. In Wolfsburg, Nürnberg, Kaiserslautern, Hannover, Stuttgart, Dortmund und Berlin gehen die Zuschauerzahlen zurück: Fast die Hälfte der Mannschaften in der Bundesliga sind zumindest für ein Teil ihrer Fans uninteressant geworden.

Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat bei ihrer letzten Sitzung die Chance verpasst, diesem Trend entgegenzuwirken: Der Vorstand beschloss einstimmig einen sehr leistungsorientierten Verteilungsmechanismus für die mehr als eine Milliarde Euro TV-Gelder. Wie viel Geld ein Verein von der Liga bekommt, ist abhängig von dem jeweiligen Tabellenstand in den letzten drei Jahren und der laufenden Saison. Das läuft darauf hinaus, dass die Spitzenteams fast dreimal so viel bekommen können wie die schlechtesten. Das wirtschaftliche und sportliche Gefälle zwischen Arm und Reich wird so immer größer, die Spannung innerhalb der Liga immer kleiner.

In der amerikanischen National Football League (NFL) gibt es kein solches Gefälle, weil ungefähr 70 Prozent des Gesamtumsatzes, sprich drei Milliarden Dollar, gleichmäßig verteilt werden. Dieses Geld, das sich aus den Fernseh- und Radiorechten, aus zwölf Prozent der verkauften Fanartikel, aus Sponsorengeldern und 40 Prozent der Kartenverkäufe zusammensetzt, lässt jeden Verein die Saison gleich beginnen: mit ungefähr 100 Millionen Dollar.

Darüber hinaus gibt es zwischen der Spielergewerkschaft und den Vereinsbesitzern einen Vertrag – das so genannte „collective bargaining agreement“ (CBA) –, der eine Ausgabenbegrenzung enthält, nach der „nur“ 65 Prozent der genannten drei Milliarden Dollar als Spielergehälter ausgegeben werden dürfen. Im Klartext heißt das, dass in der letzten Saison jeder Verein maximal 85 Millionen Dollar an seine Spieler auszahlen durfte.

Außerdem wird der Spielplan so aufgestellt, dass Vereine, die im Vorjahr schlecht waren, automatisch zwei Spiele gegen ebenfalls schwache Vereine bekommen. Eine weitere Maßnahme ist der alljährliche „Draft“, für den zunächst alle neu in der Liga aufgenommenen Spieler in einer Liste erfasst werden, von der die Clubs dann Spieler auswählen können. Hier gilt das Prinzip, dass die schlechtesten Teams der Vorsaison den ersten Zugriff haben.

Ausgabenbegrenzungen, wirtschaftliche Umverteilung und sportliche Umverteilung stellen die andauernde Konkurrenzfähigkeit in der Liga her. In der National Football League hat jede Mannschaft eine Chance die Meisterschaft zu gewinnen und in den vergangenen Jahren gab es immer wieder Vereine, die unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation, sportlich erfolgreich waren. Und genau diese Mentalität des „alle für einen“ und „einen für alle“ ist im Sinne der Liga-Gründer. Sie haben früh erkannt, dass Football sich gegenüber Baseball und Basketball nur dann behaupten kann, wenn eine solche Solidarität unter den Vereinen herrscht.

Auch in diesen Zeiten, in denen die NFL-Vereine immer seltener Familienbetriebe, sondern Spielzeuge neureicher Investoren sind, bleibt diese Umverteilungssolidarität erhalten. Der Raubtierkapitalismus hat keine Chance in der National Football League. Alle sind sich einig, dass der Fortbestand der Liga am besten dadurch gesichert wird, dass der Wettbewerb zwischen allen Vereinen erhalten bleibt. Genau hier müsste die Bundesliga dazulernen. Die Repräsentanten der Deutschen Fußball- Liga haben sich mit dem Argument verteidigt, dass die Umverteilung leistungsorientiert erfolgen muss, um die besten Bundesligavereine innerhalb Europas konkurrenzfähig zu halten.

Doch wenn das Wohlstandsgefälle in der Bundesliga steigt, passiert genau das Gegenteil. Langfristig wird die Bundesliga ohne sportlichen Wettbwerb auch an wirtschaftlicher Attraktivität verlieren. Die reichsten Vereine werden immer an der Tabellenspitze stehen und wenig Konkurrenz haben. Eine Binnenwirtschaft, die sich selbst zerfleischt, wird sich nicht im Laufe der Zeit gegen die anderen europäischen Vereine behaupten können. Nur durch verstärkte Wettbewerbsfähigkeit untereinander werden die Vereine auch gestärkt auf dem europäischem Rasen auftreten können.

Der Autor ist Deutschamerikaner und Mitarbeiter an der Hertie School of Governance in Berlin.

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