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Amerika vor der Insolvenz: Sommertheater mit Restrisiko

Die Uhr tickt unerbittlich. Wenn das Parlament nicht handelt, dürfen die USA in drei Wochen nicht mehr alle Rechnungen bezahlen. Die ganze Welt bekäme die Folgen zu spüren.

Die Uhr tickt unerbittlich. Wenn das Parlament nicht handelt, dürfen die USA in drei Wochen nicht mehr alle Rechnungen bezahlen. Die Regierung muss dann entscheiden, ob sie Zinsen und Tilgung für ihre Schulden verweigert oder die Renten nicht mehr auszahlt oder Bedienstete in den Zwangsurlaub schickt. Die Börsen würden wohl mit einem Schock reagieren. Die ganze Welt bekäme die Folgen zu spüren. Noch nie hat die größte Volkswirtschaft der Erde ihre Zahlungsunfähigkeit erklären müssen.

Der Kongress kann das verhindern. Demokraten und Republikaner müssten sich einigen, die Schuldenobergrenze anzuheben und der Regierung zu erlauben, weitere Kredite aufzunehmen. Doch beide Lager stellen dafür Bedingungen. Die Republikaner fordern: sparen, sparen, sparen und keine Steuererhöhungen. Die Demokraten sagen: keine Kürzung der Sozialleistungen und höhere Steuern für die Reichen. Eine Einigung ist nicht in Sicht. Was am vergangenen Freitag besprochen war, galt am gestrigen Sonntag nicht mehr.

Das ist das Erschreckende am Sommertheater 2011 in den USA. Man kann nicht mehr wie selbstverständlich erwarten, dass die Politiker das Selbstverständliche tun. Sehen sie nicht, welches Unheil sie heraufbeschwören? Vom Ausland gesehen wirkt das rücksichtslos. Republikaner und Demokraten beharren auf ideologischen Maximalpositionen und stürzen damit die halbe Welt in eine neue Finanzkrise.

Bei näherem Hinsehen haben freilich beide Seiten auch gute Argumente für ihre Hartleibigkeit. Vor der Mitverantwortung für die Welt rangiert die Verantwortung für das eigene Land. Die Vereinigten Staaten müssen sparen – nicht ein bisschen, sondern richtig viel. Da haben die Republikaner recht. Ein Drittel der laufenden Ausgaben wird jetzt aus neuen Krediten finanziert. Die Gesamtverschuldung hat 14,3 Billionen Dollar erreicht, das sind hundert Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der Hauptgrund: Die Steuereinnahmen des Landes sind in der Finanzkrise dramatisch eingebrochen. Es wäre jedoch eine Illusion zu glauben, dass man nur auf den Aufschwung warten müsse und dann laufe alles wie zuvor. Amerika wird Jahre brauchen, um aus der Krise zu kommen. Deshalb sind neben dem Sparen höhere Einnahmen nötig, um das Budget auszugleichen – die Streichung von Abschreibungsmöglichkeiten und höhere Steuersätze für die Reichsten. Da haben die Demokraten recht. Höchstwahrscheinlich werden sich Republikaner und Demokraten am Ende einigen. Aber sicher ist das nicht. Es bleibt ein Restrisiko, dass die Ideologie über die Verantwortung triumphiert.

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