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Sozialleistungen: Hartz-IV-Sätze - Na dann, prost

Die Hartz-IV-Sätze werden neu berechnet – für Bier und Kippen gibt’s nichts mehr. Das Ärgerliche an diesem Plan ist, dass er die Lebenswirklichkeit ignoriert.

Manche Dinge kann man sich schöntrinken. Nüchtern betrachtet bleiben sie hässlich. Hartz IV ist so ein Fall, und wer davon abhängig ist, hat auch nicht mehr davon, wenn es bald „Basissicherungsgesetz für Erwerbsfähige und ihre Familien“ heißt, wie Arbeitsministerin Ursula von der Leyen wünscht. Aber eine Erhöhung wird es unabhängig davon geben, so hat es das Bundesverfassungsgericht der Regierung aufgetragen.

Es ist noch nicht bekannt, was die Koalitionsspitzen am Sonntag zu sich nehmen werden, wenn sie über die neuen Regelsätze für Hartz IV befinden, zu hören ist allerdings bereits, welche Zahlen auf dem Tisch liegen. 359 Euro beträgt der Regelsatz bisher. Im Gespräch sind jetzt 370 Euro, gesagt wird auch, die Steigerung falle nicht höher aus als 20 Euro, insgesamt bleibe es jedenfalls bei deutlich unter 400 Euro. Viel ist das nicht. Die Koalition wird sich dennoch vermutlich an den hunderten Millionen besaufen, die das dann insgesamt auch so schon mehr kostet, und von einer großen Sache sprechen, vielleicht sogar von einer Revolution.

Aber die Betroffenen werden sich da nichts mehr schöntrinken können, denn wenn es so kommt, wie es derzeit aussieht, ist in der Berechnung kein Geld mehr für Alkohol vorgesehen, für Tabak übrigens auch nicht. Dadurch, so wird es die Regierung vorrechnen, steigt die schöne Basissicherung noch mal um fast 20 Euro, also ziemlich satt. Fast ein Grund zum Feiern – darauf ein Gläschen Leitungswasser, und dazu ein Gammelfleischfestessen à la Sarrazin.

Das Perfide an diesem Plan ist, dass er den meisten Steuerzahlern selbstverständlich unmittelbar einleuchtet. Warum sollten sie auch mit ihren Beiträgen unterstützen, dass sich die Nichtstuer in ihren Basishängematten die Birne vollknallen und ihrer Kindergeldschar mit Nikotinwolken die Zukunft vollends vernebeln?

Das Ärgerliche an diesem Plan ist, dass er die Lebenswirklichkeit ignoriert. 7,52 Euro im Monat sind derzeit für Alkohol im Leben eines Basisgeldempfängers vorgesehen, das sind 25 Cent am Tag. Na dann, prösterchen. Für Tabak gibt’s 11,58 Euro im Monat, gut 35 Cent am Tag, das reicht fast für zwei Zigaretten. Wer also qualmt und säuft, wie es das gängige Klischee vom typischen Hartzer hergibt, der muss eh das Sparschwein der Kinder schlachten, und wer das nicht tut, dessen Spielraum erhöht sich um einen Zoobesuch, aber ohne Oma. Diesen aber soll er sich nun auch noch auf die Wechselsocken anrechnen lassen. Für das gelegentliche Billigbierchen zum Fußball wird er sich aber demnächst rechtfertigen müssen, denn das ist ja nicht mehr drin in der Rechnung. Dem geht’s wohl zu gut!

Ja ja, schon klar, Rauchen schadet, und Alkohol erst, und dabei haben wir ja noch nicht mal über die Folgekosten für die solidarische gesetzliche Krankenkasse gesprochen, wo die Lungen- und Leberschäden der Lebensuntüchtigen dort unten, an der gesellschaftlichen Basis, abgerechnet werden. Nur eine Kleinigkeit noch: Ist das nicht alles schrecklich kleinlich?

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