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Meinung: Sparen geht doch

Mehr Netto vom Brutto ist möglich – die Koalition aus Union und FDP muss es nur wollen.

Steuersenkungen sind nicht unbezahlbar. Natürlich ließen sich weitere 19,5 Milliarden Euro mobilisieren. Die Einnahmen des Bundes sollen sich, so lässt es sich im Haushaltsentwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble nachlesen, in diesem Jahr auf gut 325 Milliarden Euro belaufen. Es geht also um sechs Prozent der Einnahmen. Sechs Prozent einsparen – jede schwäbische Hausfrau bringt das auf die Reihe, wenn es sein muss.

Die Frage ist also nicht, ob es geht, sondern erstens ob es sein muss und zweitens woran gespart wird. In beiden Punkten bleibt die Koalition Erklärungen schuldig. Sein muss es, weil wir es versprochen haben, sagen Union und FDP. Auf Nachfrage folgt allenfalls der simplizistische Ansatz, dass Steuersenkungen zu mehr Konsum führen und das der Wirtschaft nützt.

Dafür müssen allerdings die Richtigen entlastet werden, und sie müssen unterm Strich wirklich mehr Netto vom Brutto haben. Nur 35 Millionen Bürger zahlen Einkommensteuer, knapp ein Drittel der Einkommen ist so gering, dass es gar nicht besteuert wird – eine Steuerreform kann ganz unten gar nicht wirken. Und da Krankenkassenbeiträge, Energiekosten und andere Hauhaltsposten im Alltag der Menschen ansteigen, wird mehr Netto eine schwere Aufgabe.

Aber selbst wenn die Steuerreform sein müsste, ginge es ohne Sparen an anderer Stelle nicht, und die Debatte darüber wäre jetzt zu führen, in der Haushaltsdebatte im Bundestag. Es gibt keine Streichliste, weil in NRW gewählt wird – dümmer kann man die Wähler kaum verkaufen. Es ist doch Humbug, auf die Steuerschätzung im Mai zu warten. Die Daten sind im Groben bekannt.

Sparen also. Zur Wahrheit des Bundeshaushalts gehört, dass viele große Posten fix sind (auch das kennt die schwäbische Hausfrau nur zu gut). Sozialausgaben, Renten, Personalkosten, Zinsen – da schrumpft der Spielraum schnell auf ein Minimum. Gerade deswegen fehlt im Moment keine neue Steuerschätzung, sondern ein kohärentes Konzept, das Grundsätze in konkrete Politik umsetzt.

Ein paar Beispiele: Wenn der Klimawandel bekämpft werden soll, ist es falsch, lange Arbeitswege zu subventionieren, wie dies die Pendlerpauschale mit rund vier Milliarden Euro im Jahr tut. Auch kleinere Posten wie die Steuerbefreiung für den Flugzeugtreibstoff Kerosin und Vorteile bei der Dienstwagennutzung sind dann Unsinn. Und: Wollen Arbeitgeber sonntags arbeiten lassen, sollte man der Allgemeinheit nicht Mehrkosten aufbürden, wie es die Steuerfreiheit für Sonn- und Feiertagszuschläge mit zwei Milliarden Euro tut.

Da ließe sich vieles zusammentragen. Dem Dschungel aus Subventionen und Hilfen wollten einst auch Peer Steinbrück und Roland Koch beikommen – als jährliches Einsparvolumen errechneten sie 10,5 Milliarden Euro. Nun geht es um viel mehr Geld – und um Glaubwürdigkeit. Statt Hoteliers ohne Not zu entlasten, sollte die Koalition endlich ein Steuerkonzept aus einem Guss entwickeln und damit die Öffentlichkeit zu überzeugen suchen. So funktioniert nämlich Demokratie.

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