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Meinung: SPD-Finanzen: Die Genossen als Bosse

Die Schatzmeisterin der SPD, Inge Wettig-Danielmeier, hat vor dem Untersuchungsausschuss zur Parteispendenaffäre einen interessanten Einblick in das sozialdemokratische Finanzgebaren gegeben. Die Frau, die das Geld für die Genossen zusammenhält, trat dort auf, wie es mittelständische Unternehmer gerne tun, wenn nach ihren Bilanzen gefragt wird.

Die Schatzmeisterin der SPD, Inge Wettig-Danielmeier, hat vor dem Untersuchungsausschuss zur Parteispendenaffäre einen interessanten Einblick in das sozialdemokratische Finanzgebaren gegeben. Die Frau, die das Geld für die Genossen zusammenhält, trat dort auf, wie es mittelständische Unternehmer gerne tun, wenn nach ihren Bilanzen gefragt wird. Bloß nicht die Karten auf den Tisch legen. Es geht schließlich die Konkurrenz nichts an, wie es um die eigenen Vermögen und Erträge aussieht. Der Mittelstand verschleiert da auch gern, ganz legal. Personengesellschaften müssen das schließlich nicht publizieren. Auch das gehört zur Leitkultur in Deutschland.

Kanzler Schröder hört es nicht ohne Stolz: Er sei der Genosse der Bosse. Seine Schatzmeisterin überträgt das auf die ganze Partei: die Genossen als Bosse. Die Partei umgeben von Mittelständlern, die über Einkünfte nicht gerne öffentlich sprechen. Dabei ist die SPD eine wohlhabende, im Vergleich mit ihren Konkurrentinnen sogar eine reiche Partei. Sie hält Anteile an Verlagen und Druckereien, deren Wert Wettig-Danielmeier auf 750 Millionen Mark schätzt. Experten nennen noch größere Werte. Damit wird viel Geld verdient. So viel, dass die SPD im Wahljahr 1998 ohne Probleme mal eben 18 Millionen Mark aus Unternehmensbeteiligungen in den Wahlkampf stecken konnte.

Transparent sind die SPD-Finanzen nicht. Ein Wirrwarr aus Hin- und Her- und Quersaldierungen, das allenfalls noch die Schatzmeisterin durchschaut. Die SPD hat ihr Vermögen kleingerechnet, gewiss nicht ohne Grund. Aber, was sie macht, ist legal. Niemand kann es ihr verbieten, Unternehmensbeteiligungen zu haben und damit erfolgreich zu wirtschaften. Deswegen ist der Versuch der Christdemokraten im Untersuchungsausschuss zu durchsichtig, die mangelnde Transparenz beim SPD-Parteivermögen gleichzustellen mit den eigenen, kriminellen Verfehlungen in der CDU-Parteispendenaffäre.

Beide Fälle zeigen: Es ist nicht gut bestellt um die Transparenz der Parteienfinanzierung. Doch die schwarzen Kassen der hessischen CDU und des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl sind von anderer Qualität - schwarze Kassen hat die SPD durch ihr verwobenes Firmenimperium nicht.

Darauf hat auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse gestern zu Recht hingewiesen: Die SPD bewegt sich im Rahmen der Gesetze. Die Union hat bewusst gegen bestehende Gesetze verstoßen. Gleichwohl empfiehlt Thierse, das Parteiengesetz im Interesse einer größeren Transparenz zu ändern. Vermögen, Einnahmen und Ausgaben müssen für jedermann erkennbar sein. Auch über den möglichen Einfluss der Partei auf die Medienunternehmen wüsste man gern Genaueres. In welchem Aufsichtsrat sitzt SPD-Generalsekretär Franz Müntefering, und welche verdienten Genossen sind dort neben ihm aktiv?

Das Parteiengesetz muss geändert werden. Inge Wettig-Danielmeier und Franz Müntefering können die Unternehmensbeteiligungen und das Vermögen der SPD nicht weiter wie eine Privatsache behandeln. Die Parteimitglieder haben ein Recht zu erfahren, wie die unverschleierte Bilanz aussieht. Die Öffentlichkeit hat es auch - wie an der Börse, wo Aktengesellschaften den Anteilseignern kursrelevante Informationen geben müssen. Parteien sind die Organisationen, die die politische Willensbildung entscheidend mitbestimmen. Den Mut zur Offenheit in eigener Sache müssen die Genossen schon an den Tag legen.

Carsten Germis

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