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Sigmar Gabriel

© dpa

SPD, Linke und Grüne "im Krieg": Die Lautsprecher sind gegen Rot-Rot-Grün

Das Verhältnis zwischen SPD, Linkspartei und Grünen wird immer schlechter. Das liegt auch daran, dass die Sozialdemokraten unter Sigmar Gabriel die Annäherung nicht wirklich wollen.

Von Matthias Meisner

Nie war es so leicht wie heute, Rot-Rot-Grün abzuschreiben. Wenn eine so besonnene Frau wie die linke Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau davon spricht, dass zwischen den drei Parteien „ein Krieg“ tobe, ja wie soll das Wahlvolk denn glauben, dass da irgendwann ein neues, wohltuendes Projekt heranwachsen könnte? Wie im Ernst wollen SPD, Linke und Grüne die bald hundert Tage amtierende große Koalition jemals gemeinsam ablösen, wenn sie sich in so grundlegenden Fragen – Stichwort Ukraine – nicht einigen können?

Optimisten in den drei Parteien, die beharrlich an die Option glauben, verweisen darauf, dass bis zur nächsten Bundestagswahl 2017 noch 1300 Tage Zeit bleiben. Sie blenden aus, dass im Moment maßgebliche Kräfte das Bündnis mit der Kurzformel R2G sehr erfolgreich und wohl auch nachhaltig torpedieren. Und die sitzen in allen drei Parteien. Die Lautsprecher haben mit ihrer Anti-Linksbündnis-Propaganda die Meinungsführerschaft übernommen und die moderaten Kräfte entmachtet.

Um mit der SPD zu beginnen: Der Öffnungsbeschluss ihres Leipziger Parteitags vom November, der prinzipiell Koalitionen fast aller Art vorsieht, erweist sich mehr und mehr als Beruhigungspille für den linken Parteiflügel. Sigmar Gabriel könnte leicht durch ein Spitzengespräch mit der Linken-Führung Neugier demonstrieren. Er hat aber ebenso wenig Interesse an einem solchen Signal wie seine neue Generalsekretärin Yasmin Fahimi, die Genossen zufolge daran mitwirkte, dass Gregor Gysi als Gast vom Netzwerker-Treffen der SPD-Bundestagsfraktion ausgeladen wurde. Nicht mal diskutieren will man also. Folgerichtig haben die Sozialdemokraten mit Ralf Stegner einen Vizechef mit den Kontakten zur Linkspartei betraut, der sich nach eigenen Worten nicht erklären kann, wie jemand behaupten könne, er sei ein besonderer Befürworter von Rot-Rot-Grün.

Wenigstens die Oppositionsfraktionen könnten Verständigung üben

Eine Koalition in der Opposition ist in der Verfassung nicht vorgesehen. Aber Linke und Grüne könnten schon etwas öfter Verständigung üben. Stattdessen giften sich Spitzenvertreter beider Parteien gegenseitig so heftig an, dass es den Regierenden eine Freude ist.

Sahra Wagenknecht, einflussreiche Frontfrau der Linken, sagt, dass die Grünen mit ihren Positionen inzwischen rechts der Union zu verorten seien. Vertrauensbildende Maßnahmen zwischen den beiden Oppositionsparteien? Fehlanzeige. Und gibt es doch mal Lob von grüner Seite für einen Linken, dann ist es vergiftet. So nach der Art, dass Gysi ein prima Entertainer sei. Soll wohl heißen – irgendwie nicht richtig ernst zu nehmen. Kaum zu glauben, aber wahr: Realo-Grüne und linke Linke arbeiten gemeinsam gegen die Linksbündnis-Option. Weil die einen lieber mit der Union regieren wollen und die anderen gar nicht.

Das alles ist bitter für die Funktionäre in den Parteien, die den Machtwechsel nach links nicht aus dem Auge verloren haben. Sie treffen sich in Kneipen und Hinterzimmern – und fristen ein Nischendasein. Vor der nächsten Wahl wird ihnen so wie vor der letzten entgegengehalten, die Zeit sei nicht reif, denn es fehle an hinreichendem Vertrauen der Partner. Am Wahltag aber könnte es für die R2G-Freunde noch ärger kommen als im Herbst 2013 – wenn die drei Parteien dann nicht einmal mehr die rechnerische Mehrheit haben.

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