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SPD-Parteitag: Ihre Hoffnung ist Merkel

Basisdemokratisch soll entschieden werden, ob die SPD in eine große Koalition eintritt. Dies könnte ihr nun zum Verhängnis werden, wenn Sigmar Gabriel nicht treu zu Angela Merkel steht.

Es kann alles noch in einer Tragödie enden. Was die SPD, namentlich ihr Vorsitzender Sigmar Gabriel, so gut gemeint hat, nämlich die Beteiligung der Basis an einer Entscheidung, ob die Partei in eine große Koalition eintreten soll oder nicht, ist ja nicht nur eine Hinwendung zur Basisdemokratie. Es ist zugleich ein Wagnis sondergleichen. Was, wenn die SPD sich nicht dorthin führen lässt? Wenn sie sich die Führung von denen, die qua Amt dazu (wieder-)berufen sind, nicht gefallen lässt?

Dann ist es nicht bloß die Niederlage eines einzelnen Herrn, sondern der Niedergang einer ganzen Führung und damit womöglich einer ganzen Partei. Da nutzt ihr dann auch ihre stolze 150-jährige Tradition nichts, das Wissen darum, bei allen wichtigen Fragen auf der richtigen Seite der Geschichte gestanden zu haben, wenn sie selber eine traurige Geschichte zu werden droht.

Und als eben diese Drohung ist das Votum für die Parteiführung, aufs Ganze betrachtet, zu verstehen. Es sind Wahlergebnisse, die als Misstrauensvotum gewertet werden können. Ob Gabriel, Kraft, Nahles, Scholz – einerlei, alle Wichtigen haben mehr oder weniger leiden müssen. Seien wir so ehrlich, wie Gabriel sein Ergebnis nannte: Knapp 84 Prozent für einen Parteichef der Sozialdemokratie sind sowieso schon schlecht. Aber noch schlechter sind sie für einen, der mitten in schwierigsten Koalitionsverhandlungen mit einem Stärkeren steht. Dass die SPD ganz sicher hinter ihm stehen wird, wenn er denn die Ergebnisse vorstellt, ist nicht gewiss.

So groß wird die Gefahr, weil die Ablehnung einer großen Koalition groß ist. Möglicherweise größer, als es manche da oben an der Spitze geglaubt haben. Kraft hatte wohl vom Gefühl her schon recht mit ihrer anfänglichen großen Skepsis; und wie zum Beweis wurde sie für ihre Kehrtwende bestraft mit einem Minus von fast zwölf Prozent bei der Wahl zur Vizevorsitzenden. Das zeigt die Lage doch recht drastisch.

Jetzt muss, so krude es klingt, Angela Merkel die Sache retten. Die SPD-Verhandler müssen Erfolge erringen, mit denen sie selber wahrscheinlich gar nicht so gerechnet haben. Und das wird kosten, einmal Geld, das ohnehin, aber auch Sigmar Gabriel etwas: Wohlverhalten wird nicht direkt eine Klausel im Koalitionsvertrag, aber wenn die CDU unter Merkel der SPD das eine oder andere schenkt, dann kann der kleinere Partner dafür ganz gewiss nicht zum Dank in der Mitte der Legislaturperiode mal eben eine neue rot-rot-grüne Option ausprobieren. Er müsste vielmehr in Treue fest zu Merkel stehen. Andernfalls riskierte die SPD einen Wahlkampf, der sich gewaschen hätte, einen nach dem Motto: Das sind doch wirklich vaterlandslose Gesellen. Und das brauchte Merkel gar nicht mal selbst zu sagen.

Große Koalition oder Linksbündnis?

Vor diesem Hintergrund war es dann doch auch fatal, eine Öffnung zur Linken formell zu beschließen. Sicher, die Parteilinke einbinden, ein Ventil für alle Unzufriedenen schaffen, darum ging es. Nur eigentlich hätte das trotzdem ganz anders bearbeitet, richtig durchargumentiert gehört, sprich: als großes Zukunftsthema behandelt werden müssen. Dafür war es zu lange eines in der Vergangenheit. Aber zwei Themen eines solchen Kalibers, das Werben um die große Koalition und das Drohen mit einem Linksbündnis, verträgt kein Parteitag. Wer soll das verstehen? Das war mehr taktisch als strategisch gedacht. Denn die Geister, die sie rief, wird die SPD-Führung so schnell nicht mehr los. Wie tragisch wäre das.

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