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SPD-Parteitag: Müntefering, das trotzige Kind

Der scheidende SPD-Chef will auch zum Ende seiner Karriere keine Fehler benennen. Der Parteitag in Dresden dürfte ihm deshalb keinen allzu glänzenden Abschied bereiten.

An diesem Freitag geht in Dresden eine Ära zu Ende. Die SPD nimmt auf ihrem Bundesparteitag Abschied von Franz Müntefering, dem einzigen ihrer vielen Vorsitzenden, der das Amt zwei Mal innehatte. Es waren kurze, dafür aber intensive Phasen, in denen der Mann aus dem Sauerland das Regiment im Willy-Brandt-Haus führte. Die erste dauerte von März 2004 bis November 2005, die zweite von September 2008 bis zu ebendiesem Freitag, dem 13.

Von einem glücklichen Ende konnte man damals nicht sprechen; heute kann man es schon gar nicht. Im Herbst 2005, nach dem Achtungserfolg bei der vorgezogenen Bundestagswahl, weigerte sich der SPD-Vorstand, Münteferings Gefolgsmann Kajo Wasserhövel zum Generalsekretär zu machen. Das Gremium wählte lieber die linke Flügelfrau Andrea Nahles. Müntefering, von dem man bis dahin gedacht hatte, seine oberste Loyalität gelte der SPD, reagierte wie ein trotziges Kind, das seinen Willen nicht durchsetzen kann. Er warf das „schönste Amt neben dem Papst“ einfach weg.

Im Herbst 2009, nach verheerender Wahlniederlage, hat die SPD wieder einen trotzigen Müntefering erlebt. Eigene Fehler mochte der SPD-Vorsitzende partout nicht benennen. „Demonstrative Selbstkasteiung“ gehe ihm gegen den Strich, ließ er wissen: „Ich erstatte Selbstanzeige – wie peinlich.“

Für Münteferings Abschiedsrede zu Beginn des Parteitags lassen solche Sätze nichts Gutes ahnen. Natürlich trägt der 69-Jährige erhebliche Mitverantwortung dafür, dass die SPD am 27. September so schlecht abgeschnitten hat. Es wäre deshalb nicht peinlich, sondern aller Ehren wert, würde er heute zum Abschied einmal selbstkritisch Auskunft geben.

Es ist ja nicht von der Hand zu weisen, dass Münteferings autoritärer, auf Gefolgschaft, statt auf Diskurs ausgerichteter Führungsstil mit der mangelnden Akzeptanz der Reformen in der SPD während der vergangenen elf Regierungsjahre zu tun hat. Ähnlich verhält es sich übrigens mit dem Auftreten des schneidigen Peer Steinbrück. Wer wie der damalige Finanzminister die eigenen Leute als „Heulsusen“ beschimpft oder den Rentnern zur Ferienzeit einen Urlaubsverzicht nahelegt, mag seinem Ego einen Gefallen tun, der Sache aber nicht.

Überhaupt stellt sich für die Sozialdemokratie in Dresden die Frage, warum es die Schröder-SPD in ihren Regierungsjahren gegenüber der eigenen Klientel oft in so erschreckender Weise an Empathie hat mangeln lassen. Man kann es sich im Nachhinein eigentlich nur damit erklären, dass zu viele in der Parteiführung seinerzeit wirklich an jenen Satz von Gerhard Schröder geglaubt haben, wonach es gelte, Mentalitäten in Deutschland zu „brechen“.

Wahrscheinlich hat auch Müntefering so gedacht, als er zu Beginn der großen Koalition die Rente mit 67 im Hauruckverfahren in der SPD durchsetzte, um sich danach lange gegen Ausnahmen und Erleichterungen zu sperren. Er wird sich deshalb nach seiner Abschiedsrede auf dem Parteitag das eine oder andere harte Genossenwort gefallen lassen müssen.

Beschweren kann er sich darüber nicht.

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