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SPD: Wer will, wer kann, wer darf?

Die Zukunft der SPD – Steinmeier taktiert, Müntefering kämpft, Beck zürnt. In dem Ferienhotel am Schwielowsee trifft sich die Parteispitze, um die taktische Marschroute für die nächsten Monate festzulegen.

Das könnte für die Sozialdemokratie eine wichtige Woche werden. Sonntag trifft sich die Parteispitze am Schwielowsee. Bereits am Mittwochabend trat Franz Müntefering erstmals nach dem Tod seiner Frau wieder bei einer Wahlkampfveranstaltung auf – Parteichef Kurt Beck reagierte auf die Rückkehr des ehemaligen Frontmannes der SPD entlarvend unverstellt.

In dem Ferienhotel am Schwielowsee wird es um Wahlkampfschwerpunkte und die Taktik der kommenden Wochen und Monate gehen. Am 28. September wählt Bayern, und da ist dann noch die Frage der Kanzlerkandidatur. Der Parteichef hatte eine Entscheidung nach der Sommerpause angekündigt. Dass sie jetzt also fällt, ist gut möglich. Eigentlich ist der Kreis mit etwa 30 Personen für eine Strategiekonferenz und entsprechende Beschlüsse zu groß – andererseits aber so hochrangig zusammengesetzt, dass er als Verkündungsorgan herangezogen werden könnte. Das erweiterte Präsidium ist da, alle sozialdemokratischen Ministerpräsidenten, die SPD-Minister und die Spitze der Bundestagsfraktion. Niemand könnte also hinterher sagen, wichtige Persönlichkeiten seien in die Beschlussfassung nicht eingebunden gewesen.

Spricht das für ein Votum zugunsten Frank-Walter Steinmeiers? Es sieht so aus, und Steinmeier würde das sicher gerne in diese Richtung forcieren. Je länger er warten muss, desto mächtiger wird nämlich das Bild des wieder in die Öffentlichkeit gehenden Franz Müntefering. Schon bei seinem Münchner Auftritt am Mittwoch wurde er von der sozialdemokratischen Basis wie der Erlöser gefeiert. Wenn Steinmeier ihn in die künftige politische Führungsgruppe der Partei einbindet, ist das zwar klug, aber es fesselte auch die Entfaltungsmöglichkeiten Münteferings – deren Grenzen er eigentlich nur selbst setzen kann.

Und an Müntefering kommt keiner vorbei. Er demonstrierte im bayerischen Wahlkampf, wie die SPD gegen die Union auf der einen und die Linke auf der anderen Seite noch gewinnen kann. Nicht mit feigem Rückzug von bisherigen Positionen in der Sozialpolitik, sondern mit einer offensiven Verteidigung der erreichten Erfolge in der Ära Schröder und danach. Zwei Millionen Menschen mehr in Arbeit, ist das nichts, fragt er zu Recht. Und „Heißes Herz und klare Kante ist besser als Hose voll“ wird zu einem Satz werden, den man in den kommenden Monaten immer wieder aufrüttelnd hören wird.

Das ist eine Tonlage, die Frank-Walter Steinmeier nicht beherrscht. Er ist von anderem Schlage, hochkompetent, aber wohl keiner, der eine Bundestagswahl gewinnen kann. Das kann auch Kurt Beck nicht mehr, und er weiß es wohl. Auf die Reporterbemerkung: Müntefering ist wieder da!, reagierte er mit einem verbissenen, fast Hass erfüllten „Herzlich willkommen!“ Der Zorn galt nicht Müntefering. Er galt vielleicht dem Journalisten, am meisten aber wohl jener Zwanglage seiner Partei, die ihn, den hoch angesehenen und sympathischen Ministerpräsidenten, in eine Situation gebracht hat, in der er, was immer er auch tut, nur verlieren kann.

Gerd Appenzeller

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