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Staatsbesuch: USA und China: Gipfel der Giganten

Willkommen in der neuen Weltordnung. Der Staatsbesuch des chinesischen Präsidenten Hu im Weißen Haus markiert eine Epochenwende. Ohne China geht nichts mehr.

Die zwei Jahrzehnte nach 1989 mit nur einer Supermacht waren eine Zwischenära. Ohne China geht nichts mehr, ob Überwindung der Wirtschaftskrise, Verteilung der Energiereserven, Kriegsvermeidung in Korea und im Iran oder das Weltklima. Barack Obama umschmeichelt China. Zur Vorbereitung entsandte er Finanzminister Geithner und Verteidigungsminister Gates nach Peking. Beim Gegenbesuch des chinesischen Vizeaußenministers ignorierte er Protokoll und Rangunterschied und setzte sich dazu.

Gab’s das nicht schon mal: eine bipolare Ordnung und Gipfel der Giganten? Wenn sich die Führer der USA und der Sowjetunion in Jalta, Malta oder Genf trafen, schaute die ganze Welt zu in der Hoffnung auf Verständigung und Frieden. Damals standen sich zwei waffenstarrende Blöcke mit gegensätzlichen Ideologien gegenüber, die Stellvertreterkriege rund um die Erde führten. Jede Niederlage des Gegners, ob in Afrika, Lateinamerika, Vietnam oder Afghanistan, verbuchten sie als Sieg für ihr Lager, selbst wenn die eigenen Stabilitäts- und Wirtschaftsinteressen mitlitten, weil die jeweilige Region in Elend und Chaos versank. Handelsströme wurden von der Blockzugehörigkeit bestimmt. Direkter Wettbewerb auf dem Weltmarkt über Qualität, Preis und Währungsrelation fand nicht statt.

Die Beziehungen zwischen den USA und China sind anderer Natur, vielfältiger und enger, als es die größten Entspannungsoptimisten je für das Verhältnis des Westens zum Ostblock zu hoffen gewagt hätten. Daraus ergeben sich viele Chancen, aber auch einige Risiken. Die Volkswirtschaften der neuen G 2 sind bereits eng verflochten. Der gegenseitige Nutzen und die Furcht vor beiderseitigem Schaden bei einer Störung der Beziehungen sind der beste Antrieb für konstruktives Verhalten. Doch weil das Verhältnis so umfassend ist, kann es auf mehr Einzelfeldern zu Interessenkonflikten kommen.

Die positive Mechanik bewies sich in der Finanzkrise. Zuvor war in den USA China-Verteufelung in Mode. Von dort komme das Kinderspielzeug mit giftiger Farbe und verseuchtes Milchpulver; mit ihren Billigprodukten klauten die Chinesen den Amerikanern Jobs; sie häuften Dollarreserven an, um Amerika erpressen zu können. Doch als die Märkte abstürzten, stützte Peking den Dollar und die Konjunktur. Das war nur logisch. Wer so viele Devisen besitzt, möchte ihren Wert nicht ins Bodenlose fallen sehen. Die USA waren erleichtert, aus Verteufelung wurde Lob. Nun blicken sie mit einer Mischung aus Faszination, Sorge um ihre globale Dominanz und Furcht vor militärischer Rivalität auf China.

Spannungen blieben nicht aus. Den Nobelpreis für Liu Xiaobo beantwortete Peking mit einem diplomatischen Amoklauf. Auf US-Waffenverkäufe an Japan und Taiwan folgen Strafmaßnahmen. Den Besuch des Pentagon-Chefs Gates nutzte Chinas Militär zu einer Machtdemonstration: Es enthüllte seinen eigenen Tarnkappenbomber. Das war auch ein Affront gegen die politische Führung in Peking; sie war nicht informiert. Wer Misstrauen säen will, findet Anlass genug.

Obama und Hu setzen auf die Verflechtungsdynamik. Sie gönnen sich Gesten, die beide in der Innenpolitik brauchen. Die USA behandeln China auf Augenhöhe. Peking hat den Renminbi leicht abgewertet, kauft Boeing-Jets und Anteile am Autokonzern GM. Weiter gehende Forderungen formulieren beide höflich. Der Dollar kann nicht alleinige Reservewährung bleiben, sagt Hu. Mehr Respekt vor Menschenrechten erwartet Obama. „Containment“ (Eindämmung) wie gegenüber den Sowjets ist nicht die Devise. Die USA betrachten China als Partner, nicht als aggressiven Rivalen, der seine Einflusssphäre gewaltsam ausdehnt. Das Land hat genug innere Spannungen zu bewältigen. Doch wenn China Weltmacht sein will, darf es nicht nur mehr Rücksicht verlangen. Es muss auch mehr Verantwortung übernehmen. Klimaschutz und Iran-Sanktionen kosten Peking Geld. Als Lohn lockt mehr politischer Einfluss.

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