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Meinung: Stau in New York

Generalversammlung der UN: Mehr Probleme, weniger Lösungen. Und keine Reform

Eng geht es dieser Tage bei den Vereinten Nationen zu. Einmal im Jahr, während der Generalversammlung, drängen sich Präsidenten und Regierungschefs auf den altmodischen, nicht sehr bequemen Sitzen im weiten Saal, der die Vertreter von 192 Mitgliedstaaten aufnehmen muss. Auch inhaltlich herrscht Stau. All die aktuellen Krisenthemen werden auf diese Bühne getragen und auf ihr ausgetragen: der Atomstreit mit Iran, der staatlich sanktionierte Massenmord in Sudans Provinz Darfur, Libanon, Nordkorea, Irak …

Es wirkt ein bisschen wie Flucht vor der Realität. Natürlich, Fragen von Krieg und Frieden gehören in die UN, dafür sind sie vor 60 Jahren gegründet worden. Doch an diesen Konflikten arbeitet die internationale Diplomatie Woche für Woche, in UN-Gremien wie dem Sicherheitsrat und anderswo. Wo ist der Mehrwert, wenn Außenminister, die eben erst miteinander über Iran oder Darfur sprachen und es in wenigen Tagen wieder tun, auch bei der Generalversammlung darüber konferieren?

Die Vereinten Nationen hätten allen Grund, sich mit sich selbst zu beschäftigen: Ihr innerer Zustand, ihre Organisationsmängel müssten erstes Thema der alljährlichen Weltvollversammlung sein. Immer mehr Probleme werden an sie herangetragen. Doch die UN können immer weniger lösen. Die geplante innere Reform ist im vergangenen Jahr gescheitert, ein neuer Anlauf steht dennoch nicht auf der Tagesordnung dieses Treffens.

Zudem endet in wenigen Monaten die Amtszeit Kofi Annans – des Mannes, der den Laden einigermaßen zusammenhält. Wie soll es weitergehen ohne seine Autorität und die Vertrauensverhältnisse, die er über zehn Jahre aufgebaut hat? Eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger ist nicht in Sicht. Nach der inoffiziellen Rotationsregel wäre Südostasien dran, wie schon 1996. Damals konnten sich die Länder der Region auf keinen Kandidaten einigen – wodurch sich die Chance für Annan eröffnete. Jetzt sind die Südostasiaten ebenfalls uneinig. Der Putsch in Thailand kompliziert die Lage weiter. Auch hier setzt die Generalversammlung keine Impulse. Wäre es Zeit für die erste Frau, die Lettin Vike-Freiberga? Sie kommt zudem aus Ostmitteleuropa – einer Region, die noch nie „dran“ war.

Die Aufmerksamkeit richtet sich auf angebliche Rededuelle, zum Beispiel George W. Bush gegen Mahmud Ahmadinedschad. Wie der Iraner auftritt, ist eigentlich eine Unverschämtheit. Seit Monaten missachtet er die Auflagen der UN, seines Gastgebers, die Urananreicherung zu stoppen. Bushs Rede ist verbindlich, er erneuert sein Gesprächsangebot. Ganz anders Ahmadinedschad: Kein verbindliches Wort ist zu hören. Kofi Annans Einladung zum Essen mit anderen Weltführern schlägt er aus. In seiner Rede missbraucht der UN-Verächter die Weltbühne, um als Ankläger des Westens aufzutreten. Das tut auch Sudans Präsident Omar Hassan al Baschir. Er droht, wenn die UN gegen seinen Willen Friedenstruppen schicken, um das Morden in Darfur zu stoppen, würden diese angegriffen.

Die UN sind nachsichtig mit den Sündern. Welchen Dienst diese Generalversammlung dem Frieden getan hat, ist schwerer zu ergründen.

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