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Steinmeier: Der Schwenk

Frank-Walter Steinmeier geht außenpolitisch auf Distanz zu Gerhard Schröder – und das bedrängt die Union. Es ist auch eine Hinwendung und ein Angebot für eine, sagen wir, Koalition der Willigen – zu der dann auch Liberale zählen können.

Da kommt endlich einmal eine nahezu sensationelle Nachricht: Frank-Walter Steinmeier, Außenminister und Kanzlervize, den viele in der Union so gerne als Schröder-Imitat einordnen, geht auf Distanz zu ebenjenem – in der Außenpolitik!

Anlass ist der neue Kurs gegenüber dem Iran. Steinmeier stellt Deutschland demonstrativ an die Seite Großbritanniens und Frankreichs, was die Bereitschaft zu Wirtschaftssanktionen gegen das Regime in Teheran angeht, wenn es nicht endlich auf die USA zugeht. Auf ein Amerika wohlgemerkt, das sich dem Iran annähert, das von der Außenministerin Hillary Clinton angefangen bis hin zum Präsidenten Dialogbereitschaft signalisiert. Ein Amerika, das noch dazu in der Gestalt Barack Hussein Obamas erklärt, weder führe es Krieg gegen den Islam, noch wolle oder werde es je Krieg gegen den Islam führen. Auf eine Großmacht, die der mehrheitlich muslimischen Türkei die Aufgabe überantwortet, den Weg zu den arabischen und vorderasiatischen Staaten zu ebnen. Hinzu kommt noch, dass Israel auf diese Weise beruhigt wird. Dessen Regierung hatte doch schon länger hinter vorgehaltener Hand kritisiert, wie sich der deutsch-iranische Handel trotz aller diplomatischen Händel verstärke.

Alle diese Punkte zusammen genommen ergeben: eine veränderte Strategie. Deutschland, im Kreis der Verbündeten schnell des Sonderwegs verdächtig, reiht sich ein. Der Irakkrieg soll die Ausnahme gewesen sein, sagt das Verhalten Steinmeiers. Eine Ausnahme aus gutem Grund, gewiss, weil die Deutschen endgültig aus den Knobelbechern heraus sind. Und weil sie auf UN-Mandate, auf die EU und auf die Nato wert legen, zu den je unterschiedlichen Szenarien. Aber eben auch aus diesem Grund ist die bundesdeutsche Außenpolitik verstärkt auf Internationalität und Einbindung angelegt.

Gerade mit der Entscheidung im Hinblick auf den Iran wird, was die Kritiker überhaupt nicht erreicht hat, der Moralaufwand der auswärtigen Politik und Positionsbeschreibung in der Nach-Schröder-Ära wieder größer. Wenn das keine gute Nachricht ist. Nicht nur für die Verbündeten im Äußeren, weil sie hieran „ihr“ altbekanntes Deutschland wiedererkennen; ihnen war ein zuweilen sehr disputierlicher Partner dann doch immer lieber als ein eher selbstgewiss auftrumpfender. Vielmehr gilt das auch für potenzielle Verbündete der SPD im Inneren. Mehr als freundliches Reden sind es Taten, die Respekt erweisen, und vermeintlich war eine moralisch grundierte Außenpolitik in den rot-grünen Jahren stets die Domäne der Grünen. Insofern ist der Steinmeier-Schwenk eine Hinwendung und ein Angebot für eine, sagen wir, Koalition der Willigen – zu der dann auch Liberale zählen können, die sich einer Haltung Genschers, Kinkels, ja nicht zuletzt Lambsdorffs verpflichtet sehen.

Vor diesem Hintergrund erscheinen die marktorientierten Einsprüche des CSU-geführten Wirtschaftsministeriums und des Kanzleramts sehr kurz gedacht. Noch nicht einmal bis zum Wahltag.

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