zum Hauptinhalt
Will unser Geld: Das Finanzamt. Nur - was ist der beste Weg, es auch wirklich zu bekommen?

© p-a

Steuerpolitik als Wahlkampfthema: Sagt uns, was mit unseren Steuern passiert

Die Steuermoral hängt vor allem von einer subjektiven Wahrnehmung ab: Gibt der Staat meine Steuergelder sinnvoll aus? Denn Bürger, die das System ungerecht finden oder glauben, der Staat verschwende ihr Geld, zahlen weniger bereitwillig.

Von Anna Sauerbrey

Die Sprache der Steuerpolitik ist entlarvend. Statt von „Steuerzahlungen“ ist die Rede von der „Steuerlast“. Der Bürger gibt seine Steuern nicht, sie liegen ihm tonnenschwer auf den Schultern. Statt von „Steuerkriminellen“ spricht man vom „Steuersünder“. Wenn der Bürger diese Last abschüttelt, ist das eine lässliche Verfehlung, keine Straftat.

Die Sprache zeigt, was sich zurzeit auch im Wahlkampfrauschen herauskristallisiert: Es geht in der Steuerpolitik nicht nur um Zahlen, um Effizienz, um ein auskömmliches Staatsbudget. Sondern auch um Psychologie, Gerechtigkeit und die Wahrnehmung der Bürger. Die Opposition fordert daher einen Paradigmenwechsel in der Bewertung von Steuerdelikten. Die Straffreiheit bei Selbstanzeigen soll abgeschafft oder zumindest modifiziert werden. Doch was ist eigentlich besser und gerechter? Wenn der Staat seine Steuern möglichst effizient eintreibt, auch, wenn dabei Täter straffrei bleiben? Davon würden letztlich alle profitieren, das wäre also aus der Makroperspektive gerecht. Oder wenn er aus „Steuersündern“ „Steuerkriminelle“ macht, also Steuerhinterzieher angemessen bestraft? Das wäre aus der Mikroperspektive, aus der Sicht des Einzelnen, gerecht.

Praktisch sind Effizienz und Gerechtigkeitsempfinden allerdings nicht so klar zu trennen. Die Wirtschaftspsychologie beschäftigt sich schon lange mit der Frage, wann ein Steuersystem als gerecht wahrgenommen wird. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass beides wichtig ist, Effizienz und subjektive Bewertung. Ausschlaggebend für die Steuermoral ist zum einen, ob als sinnvoll angesehen wird, wofür der Staat das Geld seiner Bürger ausgibt und wie hoch die Qualität seiner Dienstleistungen ist. Menschen, die mit ihren Schulen, Straßen und Bürgerämtern zufrieden sind, sind eher bereit, Steuern zu zahlen. Das würde für die „Effizienz-Variante“ sprechen, denn ein Staat, der viel Geld hat, kann seine Schulen schöner machen. Einige europäische Staaten haben aus diesen Ergebnissen schon konkrete Konsequenzen gezogen. In Österreich erhalten die Steuerzahler seit 2012 eine Übersicht in Form eines Diagramms, das zeigt, wie sich der von ihnen bezahlte Betrag auf die einzelnen Ressorts verteilt. In Großbritannien verschafft eine Nichtregierungsorganisation mit der Seite „Where does my money go?“ den Bürgern einen Überblick.

Doch Transparenz und Zufriedenheit sind nicht alles. Wichtig für das Gerechtigkeitsempfinden ist auch, was andere zahlen und ob das im Vergleich zu den eigenen Zahlungen viel oder wenig ist. Ein Steuersystem, in dem einige ihr Geld ungestraft am Staat vorbeischleusen können, wird als ungerecht empfunden. Das spricht für härtere Sanktionen.

In beiden Punkten muss Deutschland nachbessern. Ein Steuerbrief, der den Bürgern erklärt, was mit ihrem Geld passiert, wäre ein Anfang. Die Kosten könnte man durch die Strafzahlungen von Steuerkriminellen, die sich selbst anzeigen, finanzieren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false