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Meinung: Stille Zweifel

Von Hans Monath

Wenn es denn stimmt, dass die Demokratie von der Möglichkeit der anderen Entscheidung lebt, dann hätte die Haushaltsdebatte im Bundestag eigentlich die große Stunde der Opposition werden müssen. Die Voraussetzungen für Angreifer hätten kaum günstiger sein können: Das Ansehen der Koalition nach einem Jahr ist dürftig, ihre Umfragewerte dümpeln vor sich hin, große Erwartungen an den Gestaltungswillen der Kanzlerin hegt kaum noch jemand. Was bleibt dann tatsächlich in Erinnerung von dieser Debatte? Welche andere Möglichkeit spukt als lebendiger Vorwurf an die große Koalition nun im politischen Raum umher?

Nein, der Mittwoch mit seinen eher matten Reden ist nicht der Tag der Opposition im Bundestag geworden. Die blieb den starken Impuls schuldig, wie Deutschland in einer anderen politischen Konstellation stärker oder besser regiert würde. Laut hatte die Opposition gewarnt vor der Übermacht von Union und SPD im Parlament, die alle Alternativen mit Geschäftsordnungstricks ersticken werde. Aber das schlagende Argument in Verbindung mit dem Gespür für die gesellschaftliche Stimmung braucht keine stundenlangen Redezeiten, um Wirkung zu erzielen. Es sind vielmehr auch strategische Entscheidungen der Opposition, die sie ihrer möglichen Wirkung berauben: An Absprachen über gemeinsame Stoßrichtungen haben weder FDP, Linksfraktion noch Grüne großes Interesse, die alle ihre jeweils eigene politische Linie verfolgen, die auseinanderführt und nicht zusammen.

Dann ist da das Machtkriterium: So schön oder attraktiv jeder einzelne Vorschlag einer dieser Parteien auch sein mag: Mit wem zusammen will sie ihn durchsetzen? Das zumindest wird sich hoffentlich ändern, wenn denn das Ende der Legislaturperiode näher rückt und sich auch die Regierungsparteien nach neuen, kleinen Partnern umsehen müssen. Bis dahin ist es für die Opposition noch eine lange Strecke. Können wir auch anders in Deutschland? Offenbar erst dann, wenn wieder gewählt wird.

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