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Nicht nur oben ohne. Diese Gemälde von Susanne Schüffel könnten die Gefühle muslimischer Frauen verletzen, mutmaßte man in der VHS Marzahn-Hellersdorf und verbannte sie aus einer Ausstellung der Künstlerin.

© Paulus Ponizak

Streit um Aktbilder und St. Martin: Unsere falsche Toleranz mit Einwanderern

Wenn es darum geht, Muslime vor einer angeblichen Provokation durch deutsche Kultur zu schützen, sind die Behörden sehr eifrig. Doch im Streit um Aktbilder war es so wie bei St. Martin: Niemand aus einem anderen Kulturkreis hatte sich überhaupt beschwert.

Wer erinnert sich noch an den Berliner Kulturskandal im September 2006, als die Mozart-Oper „Idomeneo“ vom Spielplan genommen wurde, weil in der Schlussszene die abgeschlagenen Köpfe von Poseidon, Jesus, Buddha und Mohammed präsentiert wurden?

Der damalige Innensenator Erhart Körting hatte gewarnt, Islamisten könnten sich provoziert fühlen und zum Sicherheitsrisiko werden. Allerdings hatten sich die angeblich wutschnaubenden Muslime gar nicht zu Wort gemeldet oder mit Protesten gedroht. Die vermutete Gefährdung spielte sich allein in den Köpfen der Sicherheitsbehörden ab. Eine Mischung aus Prophetie, Hysterie, Wichtigtuerei und falscher Rücksichtnahme. Solche Reaktionen scheinen in Mode zu kommen.

Vor wenigen Tagen berichteten Medien, dass in Bad Homburg, einer bürgerlichen Stadt im Taunus, eine Kita das Fest des Heiligen Martin nun in Sonne-Mond-und-Sterne-Fest umbenannt habe, damit Kinder aus anderen Kulturen sich nicht fremd fühlen müssten. Die Stadtverwaltung dementierte heftig. So blieb unklar, ob eine Namensänderung geplant war.

Der Umzug fand statt, unter Polizeischutz vor potenziellen Randalierern gegen die vermeintliche Umbenennung. Dagegen war eines klar: Wieder hatte niemand aus einem anderen Kulturkreis überhaupt die Bitte oder gar die Forderung geäußert, das Martinsfest zu verweltlichen.

In Berlin war es kürzlich nicht anders. Auch hier hatte ein sich „kultursensibel“ wähnender leitender Mitarbeiter der Volkshochschule Marzahn-Hellersdorf Frauenaktbilder abgehängt, damit muslimische Frauen sich nicht provoziert fühlen könnten. Erneut ein Akt der Rücksichtnahme, um den niemand gebeten hatte. Es gibt weitere vergleichbare Fälle.

Nun ließe sich fragen, ob solche vorauseilende Rücksichtnahme nicht geradezu vorbildlich ist. Doch das Gegenteil stimmt. Einwanderer kränkt es, wenn ihnen verordnet wird, was sie verstören sollte, was sie nicht ertragen können, wogegen sie sich wehren sollten. Man spricht ihnen auch Wandlungsfähigkeit und Toleranz ab. Und man ruft jene Dauer-Wüteriche auf den Plan, die nur darauf warten, dass deutsche Kultur durch Einwanderer „abgeschafft wird“.

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