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Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei, Jean-Claude Juncker.

© DPA

Streit um Jean-Claude Juncker: Mitten im Gerangel um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten

Es geht um Geld und Personal: Sigmar Gabriel und Merkel streiten Seite an Seite für eine Lösung in Europa – noch.

Wer sagt, es passe kein Blatt Papier zwischen sich und den anderen, weckt in aller Regel erst recht Misstrauen. Oder Skepsis. Denn in der Politik hat genau dieser Spruch schon mal Berühmtheit erlangt, damals, bei Oskar Lafontaine und Gerhard Schröder, und er galt nicht. Jetzt wird zumindest Ähnliches über das Verhältnis zwischen Sigmar Gabriel und Angela Merkel gesagt.

Was an dem Vergleich nicht stimmt: Gabriel und Merkel gehören nicht beide der SPD an. Was aber stimmt: Sie machen Politik, wenn auch aus unterschiedlichen Lagern, in eine Richtung. Denn dass die Bundeskanzlerin konservativ sei, wird im Ernst in Europa keiner behaupten.

Und um Europa geht es hier, aktuell um zweierlei: ums Personal und um die finanzielle Stabilität. Gabriel ist im Namen der gesamten europäischen sozialdemokratischen Parteienfamilie dafür, dass der Christsoziale Jean-Claude Juncker Präsident der EU-Kommission wird. Der deutsche SPD-Chef wird auch nicht müde, das zu betonen – so viel Stichelei muss Merkel ertragen, vertragen. Denn erst nach einigem Schwanken hat sie sich zu Juncker bekannt, ihrem Spitzenkandidaten von der EVP, und Gabriel will sie damit stellen.

Gabriel auf den Geist der Vertragspapiere

Das Zweite ist die Stabilität. Da setzt Gabriel auf den Geist der Vertragspapiere, um es mal so auszudrücken, weniger auf deren Buchstaben. Übersetzt bedeutet das: Zeit gegen Reformen. Wer sein Land reformiert, wie Deutschland 2003, darf beim Stabilitätspakt im Blick aufs Defizit für einige Zeit auf Nachsicht hoffen. Das ist in der Tat ein deutsches Angebot an Italien und Frankreich, damit denen die Zustimmung zu einer (personellen) Lösung leichter fällt, die noch zu finden sein wird. Eine Aufweichung, eine dauerhafte, der Defizitkriterien will keiner, Gabriel nicht und Merkel erst recht nicht, weil sie ja noch die Konservativen in Schweden und Holland überreden muss. Was mit dem Briten Cameron noch geschieht, steht inzwischen auf einem anderen Blatt.

Juncker hat bereits einen Fehler gemacht

Weil Juncker nun selbst keinerlei Anstalten macht, von seinem Anspruch abzugehen, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Er wird Chef der Kommission – oder nichts. Im EU-Parlament sagen alle, die sich hinter den Luxemburger gestellt haben, dass etwas anderes nicht mehr denkbar sei. Womit sich der Plan zu verflüchtigen scheint, dass Juncker, wenn schon nicht Kommissionspräsident, dann doch immerhin Ratspräsident wird; ein Posten, der ihm auch besser zu Gesicht stünde als der nicht gerade vergnügungssteuerpflichtige in der Kommission. Bloß hat Juncker bereits den Fehler gemacht, das Amt des Ratspräsidenten öffentlich für sich auszuschließen.

Damit ist diese Sache ziemlich klar. Martin Schulz von der SPD wird wieder Parlamentspräsident, auch eine Premiere, das gibt es sonst nicht, zwei Amtsperioden. Und darüber hinaus muss ein Ratspräsident gefunden werden.

Dass der französische Präsident François Hollande etwas Großes, Überraschendes tut, etwa den Konservativen Nicolas Sarkozy vorzuschlagen, ist nicht zu erwarten. Das Gerangel ist in vollem Gange. Aber bei allem Überdruss und aller Skepsis: Am Ende steht bestimmt eine Einigung auf dem Papier.

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