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Streit zwischen Türkei und Israel: Rückkehr zur Vernunft

Mit einer vorsichtigen Kontaktaufnahme auf Ministerebene versuchen die Türkei und Israel, Wege aus der Gaza-Krise zu finden. Welche Lehren können aus dem Streit gezogen werden?

An den gegensätzlichen Positionen beider Länder hat sich zwar nichts geändert: Die Türkei verlangt weiterhin eine Entschuldigung und eine Entschädigung der Israelis für den Tod der neun Gaza-Aktivisten an Bord der Flotilla, die am 31. Mai von israelischen Soldaten auf hoher See geentert wurde. Israel weist dies nach wie vor zurück. Aber beide Staaten scheinen gewillt, zur Vernunft zurückzukehren. Je schneller das geschieht, desto besser.

In der Türkei ist das Leid der Menschen im Gaza-Streifen ein hochemotionales Thema, weshalb türkische Regierungsmitglieder nach dem Angriff auf die Gaza-Schiffe in teilweise rüden Tönen gegen Israel holzten, Premier Recep Tayyip Erdogan immer vorneweg. Israel warf dem alten Verbündeten vor, unter Erdogan ins islamistische Lager abzudriften. Das ist zwar falsch, schwärzt die Türken aber in Europa und den USA an.

Auffällig bei dem bitteren Streit war aber von Anfang an, dass beide Seiten immer nur die Regierung des jeweils anderen Staates ins Visier nahmen, nicht jedoch diesen Staat oder seine Menschen an sich. Das war ein Zeichen dafür, dass keiner der Beteiligten den völligen Abbruch der Beziehungen wollte. Das gilt auch für die USA, die mit Sorge beobachteten, wie ihre beiden wichtigsten Verbündeten in Nahost übereinander herfielen. Die Obama-Regierung versuchte deshalb, die Wogen zu glätten. Einen Monat nach der Gaza-Krise sieht es so aus, als zeigten diese Versuche langsam Wirkung.

Welche Lehren sollten Türken und Israelis aus dem Streit ziehen? Zunächst einmal die, dass sie nicht weniger, sondern mehr miteinander reden sollten. Vor dem Aufbruch der Gaza-Flotilla gab es zwar Kontakte zwischen den beiden Regierungen, doch reichte die Abstimmung nicht aus, um die Konfrontation zu verhindern. Politiker beider Seiten sollten sich klarmachen, wie viel von einem rationalen Vorgehen in einer Krise abhängt: Im Fall der Gaza-Schiffe waren das neun Menschenleben.

Die Türkei sollte sich noch eine andere Lektion zu Herzen nehmen. Ein Land, das sich als Führungsmacht der Region versteht und als solche international ernst genommen werden will, darf es nicht zulassen, von den Plänen einer Hilfsorganisation so überrollt und in eine außenpolitische Krise gestürzt zu werden.

Türken und Israelis werden auch weiterhin verschiedene Meinungen über die Lage im Gaza-Streifen haben. Sie können aber versuchen, ihre jeweiligen Positionen dafür einzusetzen, eine Lösung für den Konflikt zu finden. So hat die Türkei gute Kontakte zu Hamas. Hinter verschlossenen Türen versuche man, auf die radikale Palästinenserorganisation mäßigend einzuwirken, heißt es in Ankara. Dieser Druck sollte erhöht werden – so könnte Ankara bei den Hamas-Leuten auf eine Freilassung des seit Jahren festgehaltenen israelischen Soldaten Gilad Schalit dringen. Hier liegt eine Aufgabe für die Türken, die lohnender ist als ein Dauerstreit mit Israel.

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