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Hörsaal an einer deutschen Universität.

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Studiengebühren für Ausländer: Auch Bildung hat ihren Preis

Eine Rekordzahl von Ausländern studiert in Deutschland. Es ist höchste Zeit, dass auch deutsche Hochschulen über Studiengebühren für Ausländer nachdenken

Wer nicht rechnen kann, geht pleite. Die alte Kaufmannsweisheit wird im Bildungsbetrieb oft ignoriert. Es begann am Montag mit einem Alarmruf des Wissenschaftsrats. In den kommenden zehn Jahren müssten 7500 Professoren mehr eingestellt werden, hieß es, die Zahl der Studierenden steige unaufhörlich. Auf einen hauptamtlichen Professor kämen mittlerweile 64 Studenten.

Am Dienstag dann legte der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) seine Studie mit dem Titel „Wissenschaft weltoffen 2014“ vor. Demnach steigt auch die Zahl der ausländischen Studenten rapide an. Im vergangenen Jahr waren es 282 000, 16 000 mehr als im Jahr davor. Jeder zehnte Student in Deutschland stammt bereits aus dem Ausland. Das wichtigste Herkunftsland ist China. Einen besonders hohen internationalen Anteil haben die Hochschulen in Bremen und Berlin.

In Australien ist Bildung längst ein Geschäftsmodell

Nun sind die Studiengebühren, die es in einigen deutschen Bundesländern gab, wieder abgeschafft worden. Auf diese Einnahmemöglichkeit von rund einer Milliarde Euro jährlich wurde verzichtet. Mit anderen Worten: Auch Gaststudenten lernen in Deutschland fast gratis. Freilich ließe sich das, mit einigem guten Willen, wegen des ebenfalls steigenden Fachkräftebedarfs durchaus rechtfertigen. Doch das Gros der ausländischen Studenten verlässt Deutschland wieder. Sie kommen, um zu gehen. Außerdem sind die Studienzeiten unter ausländischen Studenten lang, die Abbruchquoten hoch. Nur knapp die Hälfte von ihnen bleibt nach dem Studium dauerhaft hier leben, arbeitet, zahlt Steuern.

Bereits im Jahr 2010 sprachen sich die damaligen Bildungs- und Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP, Nordrhein-Westfalen) und Jürgen Zöllner (SPD, Berlin) für die Einführung von Studiengebühren für ausländische Studenten aus, die nicht aus einem EU-Land kommen (EU-Bürger müssen wegen des Gebots der Freizügigkeit wie Einheimische behandelt werden). Zwei Jahre später errechnete der Stifterverband, dass deutsche Hochschulen durch eine Jahresgebühr von 10 000 Euro, die von ausländischen Studenten verlangt würde, weit mehr als eine Milliarde Euro erlösen könnte. Der Verband sah darin ein „enormes Potenzial zur Verbesserung der Studienbedingungen“, das ungenutzt sei. Dabei seien 10 000 Euro vergleichsweise moderat. In Ländern wie Schweden, Großbritannien und den Niederlanden liege der Betrag bei 12 000 bis 18 000 Euro.

In Australien wiederum ist Bildung längst ein Geschäftsmodell. Die Gastakademiker werden gut betreut – und zahlen viel. Das Überraschende daran: Sie entrichten gerne die hohen Gebühren, die Zahlen der ausländischen Studenten explodieren geradezu. Hohe Gebühren schrecken ab? Von wegen!

Es ist höchste Zeit, dass auch deutsche Hochschulen intensiv über Studiengebühren für Ausländer nachdenken. Die Debatte muss breit geführt werden. Sollen etwa Kinder wohlhabender Russen mehr bezahlen als Kinder aus Entwicklungsländern? Wie könnte ein Stipendienmodell für Begabte und Finanzschwache aussehen? Was muss getan werden, damit mehr ausländische Studenten nach ihrem Studium in Deutschland bleiben? Wer nicht rechnen kann, geht pleite: Ergänzt werden sollte diese Weisheit durch einen Imperativ: Handeln, bevor es zu spät ist.

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