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Sudan: Tödliche Fakten

Die UN-Friedenstruppe für Darfur kommt, aber spät – vielleicht zu spät.

Seit mehr als drei Jahren hat die Welt Kenntnis von den Massenmorden in Darfur, die der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan zu Recht als Völkermord bezeichnet hat. Deshalb weiß man nun nicht, ob man froh sein soll, dass der UN-Sicherheitsrat endlich eine umfangreiche Friedenstruppe in die Krisenregion schicken will – oder wütend darüber, dass es so lange gedauert hat und die beschlossene UN-Resolution an wichtigen Stellen zu weich ist, um wirklich robust zu sein.

Zuerst das Positive: Die 26 000 Mann starke Truppe ist eine der größten Missionen, die die Vereinten Nationen je übernommen haben. Auch dass es sich um eine Gemeinschaftsaktion mit der Afrikanischen Union handelt, deren 7000 Soldaten in der Region bisher heillos überfordert waren, kann man nur begrüßen. So wird der Verdacht entkräftet, dass die Friedensmission ein koloniales Projekt im Gewande der UN ist. Es gibt ohnehin schon genug Friktionspunkte zwischen dem Westen und der arabisch-muslimischen Welt, da musste man nicht zusätzlich den Eindruck erwecken, hier werde eine neue Front im angeblichen Kulturkampf eröffnet.

Dass sich vor allem afrikanische Staaten an der Mission beteiligen werden, ist aber auch ein Problem. Dritte-Welt-Staaten sind zwar gerne bereit, UN-Soldaten zu stellen, weil die von der internationalen Gemeinschaft vergleichsweise gut bezahlt werden und Devisen in ihre Heimatländer bringen. Wie die zahlreichen Vergewaltigungsskandale bei den UN-Truppen gerade in Afrika zeigen, ist es um die Moral dieser Soldaten aber nicht immer gut bestellt. Sie sind gemeinhin auch nicht gut genug ausgebildet und somit wenig effizient.

Ohne substanzielle europäische Hilfestellung wird es also nicht gehen. Umso beschämender ist die für europäische Staaten so typische Reaktion etwa aus Berlin – die Bundesregierung begrüßt die neue UN-Resolution, will aber das eigene Kontingent von 200 Mann auf keinen Fall ausweiten. Die EU-Staaten müssen ja nicht unbedingt umfangreiche Kampftruppen stellen. Aber es wäre schon wünschenswert, wenn die Europäer sich mit noch mehr logistischer Unterstützung und fähigem militärischem Führungspersonal in die neue UN-Mission einbringen würden.

Schon munkelt man in UN-Kreisen, dass es wohl ein Jahr dauern wird, bis die Friedenstruppe wirklich steht und einsatzfähig ist. Es ist durchaus möglich, dass die sudanesische Regierung, die bisher noch stets alle UN-Vorhaben verzögerte, diese Zeit nutzen will, um in Darfur weiter tödliche Fakten zu schaffen. Und das ist das zweite große Defizit dieser Resolution: Auf Druck des Sudan-Mentors China ist die Drohung mit Sanktionen herausgenommen worden für den Fall, dass Sudan weiter gegen die Forderungen der internationalen Gemeinschaft verstößt.

Wenn Europa schon militärisch wenig zum Kampf gegen diesen Völkermord beizutragen hat, sollte es wenigstens politisch handeln. Die US-Regierung hat es vorgemacht und Khartum mit einseitigen Sanktionen gedroht, falls das Land die Friedensbemühungen weiter torpediert. So viel Entschlossenheit sollte sich das tatenmüde Europa auch leisten können.

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