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Tarifkonflikte: Drei Prozent sind drin

Es geht doch: 3,1 Prozent ab 1. März und noch eine weitere Erhöhung um 1,0 Prozent im November.

Es geht doch: 3,1 Prozent ab 1. März und noch eine weitere Erhöhung um 1,0 Prozent im November. Und auch diesmal heißt es wieder am Ende eines zähen Verhandlungsprozesses: Mit diesem Tarifkompromiss können alle Beteiligten leben; es gibt keine Streiks, die Beschäftigten freuen sich übers Geld, und die Firmen wissen nun, mit welchen Personalkosten sie bis Mitte nächsten Jahres kalkulieren müssen. So sind die Verhältnisse in der Schrott- und Recyclingbranche, wo gerade für 43 000 Arbeitnehmer die oben genannten Prozentsätze vereinbart wurden. So sind die Verhältnisse noch nicht bei den Berliner Verkehrsbetrieben und schon gar nicht auf dem Frankfurter Flughafen, wo wenige Hundert Flugfeldkontrolleure zur Realisierung ihrer großen Einkommenswünsche große Schäden anrichten. Aber das ist ein Fall für sich.

Die Arbeitnehmer sind dran – dieser Einschätzung verschließen sich in diesem Frühjahr auch die Arbeitgeber nicht, wie die bisherigen Tarifabschlüsse belegen. Drei Prozent war bislang das Minimum, manchmal steht auch eine Vier vor dem Komma, zum Beispiel bei der Post. Für einen defizitären Betrieb wie die Berliner BVG gelten andere Maßstäbe. Verdi weiß das und wird mit der Forderung eines Inflationsausgleichs, also rund zwei Prozent, sowohl der Verantwortung für die Belegschaft als auch der für die BVG gerecht.

Aber was ist mit der 6,5-Prozent-Ansage für den öffentlichen Dienst? Frank Bsirske weiß, was geht – und das ist ein Abschluss zwischen drei und vier Prozent. Die andere Seite weiß das auch, denn die Beschäftigten der Kommunen und des Bundes sind in den vergangenen Jahren immer hinter der Einkommensentwicklung in der Industrie zurückgeblieben. Vermutlich wird sich das auch 2012 nicht ändern. Denn zum ersten Mal seit vier Jahren haut die IG Metall wieder auf die Pauke – und wird sich keineswegs allein mit Geld zufriedengeben. Vielmehr setzt die größte und stärkste Gewerkschaft noch ganz andere Akzente mit der angestrebten Regulierung der Leiharbeit und der Übernahmepflicht für Ausgebildete. Die Chemiegewerkschaft ihrerseits macht den Versuch, altersgerechtes Arbeiten im Tarif zu regeln: Junge und Gesunde arbeiten länger als Alte und Kranke. Ostdeutschland ist Pilotbezirk.

Eine tolle Sache, mit der die Tarifparteien auf die Demografie reagieren, Innovationsfähigkeit und Realitätssinn beweisen. Und Solidarität zwischen Beschäftigtengruppen. Das war in der Krise 2009/2010 auch so, als die Gewerkschaften umsichtig agierten und Arbeitsplätze sicherten. Zumindest die großen Gewerkschaften sind auch 2012 mit Augenmaß unterwegs. Und das heißt am Ende: Eine Drei vor dem Komma ist drin.

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