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Eine Frau geht durch die Ruinen des umkämpften Ortes Baga im Nordosten von Nigeria. Das Foto ist ein Archivbild von 2013, doch am Wochenende wütete die islamistische Sekte Boko Haram erneut in Baga und Umgebung. Der Ort soll niedergebrannt sein, berichten Augenzeugen.

© AFP

Terror durch "Boko Haram" in Nigeria: Hilflos und korrupt

Im Norden von Nigeria könnte ein islamistischer Splitterstaat entstehen. Die Regierung aber verspielt die Hoffnung auf Hilfe aus Europa und den USA. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Wolfgang Drechsler

Im Schatten der Anschläge von Paris wurden in Nigeria in nur drei Tagen mehrere hundert, womöglich sogar mehr als eintausend Menschen von der islamistischen Terrorsekte Boko Haram ermordet. Es handelt sich um den bislang schwersten Anschlag der afrikanischen Taliban. Es bedarf wohl mittlerweile keines weiteren Belegs für die globale Bedrohung durch radikale Islamisten mehr. Doch die Brutalität und das neue Ausmaß des Terrors, dem in Nigeria überwiegend Muslime zum Opfer fallen, übersteigt in seiner extremen moralischen Niedertracht jede Vorstellungskraft. Ebenso erschütternd ist die Nachricht, dass sich am Wochenende ein wohl erst zehnjähriges muslimisches Mädchen in Maiduguri im Nordosten Nigerias auf einem Marktplatz in die Luft sprengte und dabei 19 Menschen mit in den Tod riss. Erst vor kurzem hatten an gleicher Stätte zwei Teenager Sprengstoffgürtel gezündet und dabei fast 50 Menschen getötet.

Der islamistische Terror gehört in Nigeria zum Alltag

Längst gehören solche Wahnsinnstaten zum Alltag im Norden von Nigeria, der angeblich größten und verheißungsvollsten Volkswirtschaft in Afrika. Wie in der Vergangenheit schaute der nigerianische Staat ohnmächtig zu – und reagierte nach der Flucht seiner Soldaten mit hilflosen Luftschlägen. Kein Wunder, dass viele Bürger sich im Stich gelassen fühlen und die Wut auf Nigerias Eliten, die sich seit Jahren an den hohen Öleinnahmen unverfroren bereichern, wächst.

Der Zeitpunkt einer Abspaltung des Nordens rückt näher

Immer deutlicher wird, dass die überforderte Regierung die Kontrolle über weite Teile des unentwickelten, muslimischen Nordens verloren hat und seine Rückgewinnung, wenn überhaupt, wohl nur mit internationaler Hilfe gelingen kann. Erschwert wird dies durch die Korruption in Militärkreisen und die Gewalt der Sicherheitskräfte gegen die eigene Bevölkerung, die zu einem Lieferstopp von US-Waffen geführt hat. Vieles deutet nun zumindest langfristig auf ein Auseinanderbrechen des bevölkerungsreichsten Staates in Afrika in einen muslimischen Norden und einen christlichen Süden hin. Niemand kann sagen, wann und wie dies geschieht. Doch dass der Zeitpunkt näher rückt, haben die letzten Tage deutlich bewiesen.

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