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Terrorgefahr in Deutschland: Geradewegs in die Irre

Deutschland entgeht Terroranschlägen, die von Islamisten geplant waren. Was macht den Glaubenswechsel so attraktiv?

Sie heißen nicht Abdul, Mohammed oder Osama, sondern Fritz und Daniel. Zwei der drei mutmaßlichen Terroristen, die am Dienstag festgenommen worden waren, sind Deutsche, Urdeutsche, wenn man so sagen darf. Weder Herkunft, noch Sprache oder Aussehen deuten auf irgendeine Andersartigkeit hin. Man weiß nicht, was Erschreckender ist: die Menge an Sprengstoff, mit der sie möglichst viele Menschen ermorden wollten, oder die Tatsache, dass sie aus der Mitte der Gesellschaft kommen.

Einheimische Islamisten sind ein verstörend neues Phänomen. Dabei werden gerade Konvertiten von muslimischen Terrororganisationen geschätzt. Steven Smyrek wollte in Israel für die Hisbollah einen Selbstmordanschlag verüben. Schuhbomber Richard Reid versuchte, ein Passagierflugzeug zum Absturz zu bringen. Die Belgierin Muriel Degauque sprengte sich in der Nähe von Bagdad bei einem Attentat auf US-Soldaten in die Luft. Und Christian Ganczarski gilt als zentrale Figur für den Anschlag auf der tunesischen Insel Djerba.

Warum Konvertiten aus Terroristensicht so wertvoll sind, ist klar. Sie sind unauffällig, haben selten ein geheimdienstlich erfasstes Vorleben, können nicht deportiert werden, und vielen wird oft sogar empfohlen, zur Tarnung weiter Wein zu trinken, Jeans zu tragen, Schweinefleisch zu essen und keine Moschee zu besuchen. Perfektere Schläfer, die jederzeit aktiviert werden können, gibt es nicht.

Doch was macht den Glaubenswechsel aus Konvertitensicht so attraktiv? Die meisten Motive sind lauter. Seine Religion frei zu wählen, ist ein Menschenrecht. Die einen wollen dem Ehepartner einen Gefallen tun, die anderen suchen moralische Autorität und spirituellen Halt. Für viele christlich geprägte Menschen ist der Islam verführerisch eindeutig. Keine Erbsünde, keine historisch-kritische Interpretation der Heiligen Schrift, keine komplizierte Dreifaltigkeit, kein leidender und zweifelnder Messias. Gut, böse, oben, unten – das leuchtet ein.

Doch ein Muslim ist noch längst kein Terrorist. Auch die Zusatzgefährdung, sich als Konvertit besonders beweisen zu wollen, führt nicht automatisch in ein Trainingscamp von Al Qaida. Gerade in Deutschland werden viele muslimische Einrichtungen von Konvertiten geleitet, die nicht nur friedlich sind, sondern auch würdige Repräsentanten ihrer Organisationen. Gefährlich indes ist der Übertritt dann, wenn er mitmotiviert wird vom Hass auf Amerika und Israel. Antiamerikanismus und Antisemitismus sind Ressentiments, die auch in Europa gepflegt werden.

Das psychologische Profil von Fritz und Daniel ist abschließend noch nicht erstellt. Aber die Verbindung aus religiöser Sinnsuche, dem Bedürfnis nach Klarheit und einem haltlos überbordenden Antiamerikanismus kann geradewegs in die Verirrung des gewaltbereiten Islamismus führen. Vor keiner dieser Zutaten sind Einheimische gefeit. Das vermeintlich Fremde, in seine Bestandteile zerlegt, ist plötzlich ganz nah.

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