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Torben P.: Schule für Schläger

Kein Pardon für den U-Bahn-Schläger Torben P.! Aber man muss den jungen Mann trotzdem aushalten. Seine Familie tut es, sein Anwalt, bald die Richter und Zeugen im Prozess, sogar sein Opfer. Lehrer, Mitschüler und deren Eltern – sie könnten es auch.

Kein Pardon für diesen jungen Mann, der einem anderen auf einem Berliner U-Bahnhof den Schädel zusammentrat. Ab Dienstag muss er vor Gericht; ein Urteil des Volkes, wenn auch noch nicht in dessen Namen, liegt vor, dank Youtube, Polizeibildern und Geständnis. Er verdient jetzt eine harte und gerechte Strafe, die eines Richters. Und die soziale Sanktion, Missbilligung, Abscheu. Eltern, Mitschüler, Freunde, man wird ihn spüren lassen, was man von ihm hält. Und mehr: Wer sich dazu aufgerufen sieht, kann Wohn- und Lebensdaten googeln, in Foren zur Hetze blasen oder ihm zu Hause – Achtung, verboten! – einen Stein in die Scheibe schmeißen. Der Angeklagte steht nicht nur bald vor Gericht. Er steht am Pranger, mitsamt Familie.

Torben P., 18 Jahre alt, angeklagt wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung, bekommt derzeit mehr, als er verdient. Seiner Schule war der Overkill im Netz nicht geheuer. Weil er sich aber nicht länger von ihr befreien lassen wollte, befreite man die Schule von ihm. So schrieb man eine ungewöhnliche Verfügung, gestützt auf das Schulgesetz, wonach die „zweckmäßige Organisation“ des Unterrichts eine Rückkehr Torbens verhindere und eine Ein-Mann-Sonderschule gebiete.

„Zweckmäßige Organisation“. Die Bildungsverwaltung spricht dazu von Fürsorgepflichten und Schulfrieden. Es ist wahr, ein Torben macht Lernen nicht einfacher. Aber ist er ein organisatorisches Problem? Wäre er in seine Schule gekommen, die Foto-Handys hätten geklickt, im Netz wären Bilder und Stories kursiert, Journalisten hätten vor der Tür gelungert, er wäre begafft worden. Flüchtige Reize. Bald wäre Ruhe. Ein souveräner Lehrer hätte die richtigen Worte gefunden, wie Torben aufzunehmen ist und wie nicht, dann wäre er fortgefahren im Stoff. Der unzweckmäßige Junge, soviel ist gewiss, hätte sich zweckmäßig verhalten, und von seinen Mitschülern hätte man Gleiches einfordern dürfen. Krawall im Netz bedeutet nicht, dass man in der realen Welt kapitulieren muss. Ein guter Pädagoge würde sagen: im Gegenteil.

Schule hat nicht nur einen Zweck, sie hat auch einen Auftrag und ein Ziel, es geht darum, den Schülern Urteilskraft und Wissen zu vermitteln, ihre Anlagen zu entfalten, ihnen einen Begriff von Demokratie, Frieden und Menschenwürde zu vermitteln. Das alles steht im Schulgesetz vor den Organisationsfragen. Und weil die Schüler Verantwortung kennen lernen sollen, gibt ihnen das Gesetz Beteiligungsrechte. Sie sollen „ihre“ Schule mitgestalten. Die Schule spendet Gemeinschaft, sie sondert nicht aus. Sie schützt und straft. Wie Gemeinschaft eben ist.

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