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Kreuzberg in Not: Touristen machen Lärm

Touristen bringen Geld, machen Lärm und hinterlassen Schmutz. Sie beanspruchen ein Recht auf Party für sich - und die Bürger ihr Recht auf Ruhe. Brauchbare Lösungen für diesen Konflikt gibt es leider nicht. Aber man darf doch wohl ein bisschen rumspinnen!

Ich lebe in einer der attraktivsten Gegenden der Welt, in Kreuzberg. Das ist, wie Venedig oder die Costa Smeralda, ein Top-Ziel für Touristen. In Berlin gibt es 20 Millionen Übernachtungen pro Jahr, eine ganze Menge, aber immer noch wenig im Vergleich zu Paris (60 Millionen). Touristen bringen Geld in die Stadt, aber sie machen auch Lärm, sie schmutzen. Vielen Menschen ist leider überhaupt nicht klar, dass man fast immer, wenn man  für irgendwas Geld bekommt, eine Gegenleistung erbringen muss, man muss etwas tun, etwas ertragen oder etwas hinnehmen. Nie kommt einer vorbei, sagt „hey, du, ich gebe dir jetzt eine Million“, haut dann wieder ab und will nichts dafür. Der Kreuzbergtourist will, als Gegenleistung, das Recht auf Party.

Viele meiner Mitbürger wollen die Touristen weghaben. Die Grünen schlagen eine neue Touristensteuer vor. Damit die Steuer abschreckende Wirkung entfaltet, muss sie hoch genug sein. Dann kommen nur noch reiche Touristen, im Porsche. Porschemotoren sind nicht unbedingt die leisesten.

Wenn man den Touristen Berlin madig macht, dann werden sie nicht mehr so zahlreich kommen, gewiss. Aber auf das Geld, das sie mitbringen, muss man dann halt verzichten. Die Einnahmen der Stadt werden sinken. Es wird wieder mal alles Mögliche gekürzt. Es gibt Proteste, garantiert. Die Leute werden „Schweinerei!“ rufen und „unsozial!“. Die Politiker werden antworten, dass ein paar Milliönchen aus dem Tourismus fehlen. Die Leute werden das nicht einsehen. Und irgendwann wird einer ein Förderprogramm für den Tourismus vorschlagen.

In einer Diskussion über die Touristifizierung Kreuzbergs hat der grüne Politiker Florian Schärdel zu Recht gesagt: „Nicht jeder, der in den Hausflur pinkelt, ist ein Tourist.“ Es könnte auch ein Uralt-Kreuzberger sein, ein Migrant, ein Autonomer, ein Spandauer oder ein Asylbewerber. Gott hat allen Menschen eine Blase geschenkt. Nur gläubige Muslime haben ein Alibi, sie trinken keinen Alkohol. Urinieren  und Alkohol hängen oft ursächlich zusammen.

Wenn Touristen kommen, wird es laut. Wenn Fabriken da sind, wird es laut.  In Zehlendorf gibt es Hunde – sie bellen. Anderswo fliegen Flugzeuge. In Neukölln wird viel gesungen,  auch vom Muezzin. Die Stadt ist eine einzige Zumutung, aber draußen, auf dem Land, lärmen die Tiere und die Rasenmäher. Viele Kreuzberger sagen, sie fühlten sich inzwischen „wie im Zoo“. Sollte man das Problem an den Zoodirektor Blaszkiewitz delegieren? Er wird die Grünen ausstopfen, er ist ein großer Freund des Ausstopfens. Er sagt, ausgestopft zu werden, sei keine Schande, im Gegenteil, man kommt dann ins Naturkundemuseum.

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