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Meinung: Trägt der Golftourismus zur Wasserknappheit bei?

„Wir brauchen mehr Golfplätze“ vom 16. März Sehr geehrte Redaktion, in dem Interview mit dem Griechen beklagt dieser den Mangel an Golfplätzen in Griechenland im Vergleich mit Spanien.

„Wir brauchen mehr Golfplätze“ vom 16. März

Sehr geehrte Redaktion,

in dem Interview mit dem Griechen beklagt dieser den Mangel an Golfplätzen in Griechenland im Vergleich mit Spanien. Das ist natürlich kompletter Unsinn. In Spanien ist dieses inzwischen ein Umweltschaden von enormem Ausmaß wegen des Wasserverbrauchs. Die Talsperren sind jetzt im Frühjahr nur noch zu

20 Prozent gefüllt, es gibt wegen der illegalen Brunnenbohrungen und falscher Landwirtschaftspolitik ein existenzielles Problem. Die Wüstenbildung in Spanien schreitet voran. Und nun will Griechenland den gleichen Unsinn machen. Vielleicht will man auch noch EU-Geld dafür, dass man die Sahara importiert.

Jochen Stoehr, Berlin

Investitionen in Griechenland forderte Aris M. Syngros, Chef der Agentur „Invest in Greece“. Eine Forderung, die nicht nur aus Sicht von Herrn Syngros, der neue Investoren nach Griechenland locken soll, Sinn macht, sondern auch im Interesse des griechischen Volkes, der Europäischen Union und damit im Interesse Deutschlands ist. Doch eines sollte bei aller ökonomischen Dringlichkeit nicht vergessen werden: Griechenland hat jahrelang finanziell über seine Verhältnisse gelebt und volkswirtschaftlichen Raubbau betrieben. Es wäre der absolut falsche Weg jetzt auch noch die ökologischen Ressourcen des Landes auszubeuten und dem Credo einer kurzfristigen Gewinnerzielung zu opfern. Investitionsrisiken und langfristige Sinnhaftigkeit scheinen angesichts der geforderten „schnellen Entscheidungen“ nicht berücksichtigt zu werden. Jedes Investment bedarf einer sauberen und nachhaltigen Prüfung. Das ist nicht nur im Sinne zukünftiger Generationen, sondern auch im Sinne des Investors, wenn er nicht nur an kurzfristigen Profiten interessiert ist. Grundsätzlich braucht Griechenland dringend eine nachhaltige, auf Langfristigkeit ausgelegte Entwicklung. Dabei müssen sich ökologische und ökonomische Ziele nicht ausschließen – im Gegenteil. Gerade im Bereich Tourismus kann Nachhaltigkeit neue Zielgruppen erschließen, ein Alleinstellungsmerkmal sein und so zu einem Standortvorteil werden.

Abgesehen davon kann Herr Syngros die enormen ökonomischen und ökologischen Folgekosten eines „golfenden Luxustourismus“ im Mittelmeerraum übrigens bereits heute in den Nachbarländern Griechenlands im Mittelmeerraum begutachten. Für die Bewässerung eines 18-Loch-

Golfplatzes werden etwa in Spanien jedes Jahr 700 000 Kubikmeter Wasser verbraucht. Damit ließe sich ein Jahr lang eine Stadt mit 15 000 Einwohnern mit Trinkwasser versorgen. Wie von Herrn Syngros richtig dargelegt, gibt es in Spanien weit über 300 Golfplätze. Die Folgen des Wasser-Raubbaus durch Tourismus (und wasserintensive Landwirtschaft): Der Grundwasserspiegel sinkt, Flüsse trocknen aus. So ist etwa im Nachbarland Türkei der Grundwasserspiegel in den vergangenen drei Jahrzehnten bereits um mehr als 14,3 Meter abgesunken. Zusätzlich verschärft sich die Lage durch einen beständigen Rückgang der Niederschläge. Trotzdem werden auch hier immer größere Flächen für die Landwirtschaft künstlich bewässert und in den Urlaubsregionen sollen – ganz ähnlich wie in dem Beitrag für Griechenland gefordert – über 100 neue Golfplätze entstehen. Jüngste Untersuchungen zeigen, dass die mit dem Golftourismus einhergehenden Luxus-Resorts bisher leider nicht so sparsam im Wasserverbrauch sind und daher die Wasserknappheit noch weiter verschärfen.

Inzwischen bemerken auch die Bewohner von Großstädten die Folgen. Während 2007 Istanbul, Ankara und Izmir gegen Ende des Sommers tageweise das Wasser abstellen mussten, war ein Jahr später die spanische Metropole Barcelona gezwungen ab Mai Wasser per Schiff aus Frankreich zu importieren. Sollte sich nicht grundsätzlich am Wassermanagement der Mittelmeerstaaten etwas ändern, ist damit zu rechnen, dass Großstädte, Touristenzentren und Agrar-Betriebe zukünftig ihren Wasserbedarf saisonal nicht mehr ausreichend decken können. Die WWF-Studie „Dürre im Mittelmeerraum“ kommt zu dem Schluss, dass Wasserknappheit, beschleunigt durch die Auswirkungen des Klimawandels, zu einer ernsthaften Bedrohung für den ökonomischen Wohlstand und die ökologische Vielfalt der gesamten Mittelmeerregion wird. Wenn nicht bald ein radikales Umdenken der betroffenen Staaten einsetzt, droht der Mittelmeerraum auszutrocknen. Die Folgen: Landflucht, Kollaps der Landwirtschaft und ein Ende des Tourismus in beliebten Urlaubsregionen – genau das, was Herr Syngros mit hunderten neuer Golfplätze in Griechenland eigentlich verhindern möchte. Als Chef der Agentur „Invest in Greece“ sollte er seinen Einfluss und seinen Gestaltungsspielraum also vielmehr nutzen, um etwa den Bereich der Erneuerbaren Energien weiter auszubauen. Sowohl Solar- wie auch Windenergie dürften in Griechenland enormes Potential besitzen. Und Konzepte für einen nachhaltigen Tourismus in dem an Kultur- und Naturschätzen reichen Land sollten von der Agentur weiter vorangetrieben werden.

— Martin Geiger, Leiter Bereich Süßwasser, WWF Deutschland

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