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Merkel und Obama scheinen sich in wirtschaftlichen Fragen anzunähern.

© dapd

Treffen der G8-Staaten: Wachstum ohne neue Schulden

Es gab einmal eine Zeit, da setzte US-Präsident Barack Obama die Bundeskanzlerin unter Druck, ihren Kurs in der Euro-Krise zu ändern. Doch die Schlachtordnung innerhalb der G8-Runde hat sich geändert.

Es gab einmal eine Zeit, da setzten US-Präsident Barack Obama und seine Minister Kanzlerin Angela Merkel unter Druck, ihren Kurs in der Euro-Krise zu ändern. Deutschland dürfe nicht allein auf Haushaltsdisziplin setzen, sondern müsse Wachstum fördern. Sonst drohe eine Depressionsspirale: Austerität lasse die Volkswirtschaften schrumpfen. Dann flössen noch weniger Steuern, woraufhin die Regierungen verschärft sparen müssten und so fort.

Damals hörten viele in Amerika und Europa auf den Ökonomen und Nobelpreisträger Paul Krugman. Er setzte Obama mit wöchentlichen Kolumnen unter Druck, ein neues milliardenschweres Konjunkturprogramm aufzulegen, weil das erste im Wert von 800 Milliarden angeblich zu klein ausgefallen sei. Auch für Europa empfiehlt Krugman bis heute schuldenfinanzierte Wachstumsprogramme.

Wenn Obama sich je von Krugman leiten ließ, dann ist diese Zeit vorbei. Er bedrängt Merkel nicht mehr so wie früher, sondern hat sich an sie angenähert. Natürlich fordert er weiter Wachstum. Das tun alle: Obama, Merkel, Cameron, Hollande. Es ist nahezu unmöglich, jemanden zu finden, der Wachstum ablehnt oder argumentiert, die Probleme der Euro-Zone ließen sich ohne Wachstum lösen.

Hollandes Amtseinführung in Bildern:

Obamas Schwenk besteht darin, dass er Austerität und Wachstum nicht mehr als Gegensätze darstellt, sondern als einander ergänzende Prinzipien der Rettungsstrategie. Sein Sprecher beschreibt das Ziel vor dem G-8-Gipfel so: „ein ausgewogener Ansatz, der Austerität und Wachstum umfasst“. Auf die Frage, woher das Wachstum kommen solle, sagt er nicht: staatliche Konjunkturprogramme. Sondern: Reformen.

Auch die Bürger tragen ihren Anteil an den Zukunftsaussichten für die Euroländer.

Amerika sieht sich selbst und Deutschland als Vorbilder. Es hat bisher wenig gegen seine hohe Verschuldung getan, aber den Anstieg der Staatsausgaben gebremst, die Zahl der Staatsangestellten drastisch reduziert und dennoch ein höheres Wachstum als die Euro-Zone erzielt. In Deutschland haben Reformen des Arbeitsmarkts und der Sozialsysteme Wachstum ermöglicht. Beigetragen hat auch die Liberalisierung solcher Märkte wie der Telekommunikation. Die Kunden zahlen weniger als früher; und die Branchen wachsen. Die Sorgenländer der Euro-Zone haben auf diesen Gebieten Nachholbedarf.

Es scheint, als habe Obamas Wende die Öffentlichkeit nicht erreicht. Vor dem G-8-Gipfel kursieren überholte Bilder der angeblichen Schlachtordnung: die Austeritätsfanatikerin Merkel gegen die Übermacht der Wachstumsbefürworter. Insider beschreiben es anders: Eine Isolierung drohe dem Neuling François Hollande, sofern er ernsthaft eine noch höhere Verschuldung als Quelle für Wachstumsprogramme vorschlage.

Amerika hat durchaus spezielle Wünsche an die Deutschen. Ihnen gehe es gut. Sie können den schwachen Ländern helfen, zu wachsen. Dieser Appell richtet sich nicht an den deutschen Staat, sondern an die Bürger: Gebt euer Geld aus! Kauft griechische, spanische, italienische Produkte – und macht dort Urlaub! Der Rat an die anderen: Wachstum ohne neue Schulden.

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