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Meinung: Trialog: Die Zeit für Diplomatie

Auf die Schlossdebatte - in der ich Richard Schröder näher stehe als Wolfgang Schäuble - möchte ich gerne später zurückkommen. Zeit genug haben wir dafür: Die erste Sitzung der Kommission hat gerade stattgefunden, in einem Jahr soll ein Ergebnis vorliegen.

Auf die Schlossdebatte - in der ich Richard Schröder näher stehe als Wolfgang Schäuble - möchte ich gerne später zurückkommen. Zeit genug haben wir dafür: Die erste Sitzung der Kommission hat gerade stattgefunden, in einem Jahr soll ein Ergebnis vorliegen. Der Vorsitzende der Kommission, Herr Swoboda, kommt aus Wien. Ein Wiener müsste jedenfalls etwas davon verstehen, was eine europäische Stadt ist.

Mir brennt heute etwas anderes auf den Nägeln. Seit der Sicherheitskonferenz in München wissen wir, dass in den USA definitiv die Würfel gefallen sind für den Aufbau eines nationalen Verteidigungssystems (NMD). Das hat nicht nur die neue Bush-Administration ohne jeden Zweifel verkündet, das wird auch im Senat wie im Kongress von der Mehrheit der Demokraten getragen. Ab jetzt wird in den USA strategisch, militärisch, technisch an dieser Frage gearbeitet.

Was aber bedeutet das für Europa? Wenn nicht mehr das "Ob" in Frage steht, bleiben doch die Fragen: 1. ob das System je technologisch machbar ist, 2. wie gigantisch teuer es kommt und wie viel von diesen Kosten die Verbündeten mittragen müssen und 3. wie viel Jahre wir bis dahin Zeit haben.

Die letzte Frage ist die interessanteste. Denn diese Jahre sind genau der Zeitraum, der uns vorrangig für eine diplomatische und Krisenpräventionsstrategie zur Verfügung steht. Grob gerechnet dürften es 15 oder 20 Jahre sein, bis NMD technisch funktioniert - wenn es überhaupt je funktioniert. Wie lassen sich diese Jahre füllen? Kann es gelingen, jene Staaten, gegen die NMD geplant war, in dieser Zeit mit diplomatischen Mitteln zu einer anderen Entwicklung zu führen? Nach aller Wahrscheinlichkeit wird es Nordkorea im Jahre 2020 gar nicht mehr geben. Die Problemregionen des Nahen Ostens, im Kaukasus und Zentralasien trudeln gerade auf eine unübersehbare Krise zu. Kann es gelingen, durch einen kritischen Dialog mit den gemäßigteren islamischen Staaten Einfluss auf die Entwicklung in Afghanistan und im Iran zu nehmen? Hier liegt eine große Aufgabe gerade für Europa.

Ebenso interessant ist die Entwicklung im asiatischen Raum. Wenn nicht gegen den Terrorismus und die so genannten "Schurkenstaaten", so ist das NMD-Konzept der USA doch gegen eine potenzielle Entwicklung in China gerichtet. Ebenso in München konnten wir erste Ansätze einer interessanten neuen Entwicklung beobachten. Es gibt erste Hinweise, dass sich auch die asiatischen Staaten von den Großmachtstrategien und den rein bilateralen Verträgen des 19. Jahrhunderts verabschieden und an die Keimzelle eines größeren und neuartigen Sicherheitsbündnisses denken.

Daran ist auch Russland interessiert. Die Welt erträgt in der Regel keinen Unilaterismus. Russland weiß selbst, dass es westlich der eigenen Grenzen zurzeit nicht allzu viele engere Bündnispartner finden wird. Also hat Russland seine Beziehungen zu Indien, Japan und China erheblich intensiviert. Noch gibt es im asiatischen Raum die stabile und schier unüberwindliche aus der Vergangenheit datierende Erzfeindschaft zu Japan. Aber wenn auch hier - wie im Nachkriegs-Europa - eines Tages das Bündnis mit dem früheren Aggressor gesucht würde, könnte ein Bündnissystem entstehen, das auf jeden Fall stabilisierend wirken könnte. Stabilisierend gegenüber den unruhigen Regionen in Zentralasien, stabilisierend aber auch für die Gleichgewichte in der Welt.

Antje Vollmer ist Vizepräsidentin des Deutsch

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