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Meinung: Trotz Not, trotz Krieg, trotz alledem

Warum 2003 Grund genug für realistischen Optimismus bietet

Man könnte glatt den Mut verlieren, wenn man sich in der Welt umschaut. Oder Gefallen am Isolationismus finden – so viele Probleme türmen sich zum Jahreswechsel rund um den Globus auf. In Fernost ein Diktator, der mit der Atombombe spielt, trotz großzügiger Hilfsangebote der USA. Im Mittleren Osten scheint der Krieg unabwendbar zu sein. Im Nahen Osten wirkt ein neuer Anlauf zum Frieden unwahrscheinlich wie lange nicht. Und die Terrorgefahr hält an: von Urlaubsparadiesen wie Tunesien und Bali bis Moskau und in den Kaukasus. 2003 scheint ein annus horribilis zu werden.

Ja, wenn man sich was wünschen dürfte… Doch die berühmte Fee gibt’s halt nur im Märchen. Und mit drei Wünschen wär’s noch lange nicht getan. Aber warum nicht ein wenig hoffen – allen worst case scenarios zum Trotz? Nachhaltig helfen müssten Politik und Diplomatie dabei freilich schon.

Es gibt ja Wege, den Irakkrieg abzuwenden: Saddam Husseins Kooperation mit den Rüstungskontrolleuren – aus Vernunft: So wertvoll sind die verbotenen Waffen, die er womöglich hat, für ihn auch wieder nicht. Ökonomische Bewegungsfreiheit nach einer Aufhebung der Sanktionen nützt ihm mehr.

In den Nahostkonflikt kommt bald wieder Bewegung. Israel wählt. Das führt wohl nicht zum Machtwechsel, aber Ariel Scharon ist nach der Wiederwahl freier. Auch er wird einmal begreifen, dass die militärische Übermacht weder Frieden noch einen Platz im Geschichtsbuch sichert. Auf palästinensischer Seite rückt der Generationswechsel vom ewigen Revoluzzer Arafat zu jüngeren Pragmatikern näher. Selbst wenn 2003 keine Abkommen bringt, kann es zum Jahr werden, in dem sich ein neuer Dialog anbahnt.

Auch in Nordkorea spricht wenig gegen realistischen Optimismus. Das Regime strebt nicht nach der Bombe, um sie einzusetzen, sondern als Überlebenspfand. Um sich Aufmerksamkeit und noch mehr Hilfe Amerikas zu erhandeln.

China sucht derzeit die Kooperation: gegenüber dem Kanzler so gut wie im UN-Sicherheitsrat. Es ist nicht lange her, dass Peking amerikanische Aufklärungsjets abschießen ließ und Taiwan martialisch drohte. Die wirtschaftliche Liberalisierung wird allmählich auch eine Demokratisierung erzwingen.

Das ist in der arabischen Welt anders, dort darf man allenfalls auf ein wenig mehr Pluralismus hoffen. Die meisten Staaten befinden sich in einer tiefen Krise. Ökonomisch, weil die Erdöleinnahmen heute weit unter den üppigen 70er und 80er Jahren liegen. Und politisch wegen einer tiefen Verunsicherung, wie Modernisierung und Machterhalt zusammengehen sollen. Immerhin, der Reformdruck ist allen präsent. Und Neuerungen wie der Satelliten-Sender Al Djazeera oder Parlamentsexperimente in kleineren Emiraten strahlen auf die ganze Region aus.

Afrika tut gerade das Seine, um das Diktum vom verlorenen Kontinent zu widerlegen. Der unblutige, ja demokratische Machtwechsel in Kenia nach Jahrzehnten Diktatur ist eine Hoffnung für den Kontinent und eine Warnung an Regime, die sich auf Hasspropaganda stützen, wie Robert Mugabe in Simbabwe mit der Vertreibung weißer Farmer.

Und Europa? Der alte Kontinent gibt sich eine Verfassung. Und hat 13 lange Jahre nach der Freiheitsbewegung von 1989 endlich die Kraft gefunden, sich zu erweitern. Die Volksabstimmungen in den Beitrittsländern werden hoffentlich gelingen – und das geteilte Zypern kein Hindernis mehr sein. Der viel gescholtene Euro hat Deutschland geholfen. Er steht nicht unter ständigem Aufwertungsdruck wie die D-Mark – weshalb die Exportwirtschaft trotz Krise die größte Konjunkturstütze bleibt. Da darf man doch sagen: Danke, Euro. Und, weiter so!

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