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Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis und Regierungschef Alexis Tsipras.

© dpa

Tsipras und Varoufakis: Schuld haben immer die anderen

Die griechische Regierung hat wenig Spielraum – deshalb greifen Alexis Tsipras und Yanis Varoufakis zu Verbalattacken. Das ist nachvollziehbar. Mehr aber auch nicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Das ist schon sehr ungewöhnlich: Die griechische Regierung legt beim Berliner Außenamt Protest gegen Finanzminister Wolfgang Schäuble ein – mit der Begründung, dieser verhalte sich herablassend gegenüber dem EU-Partner in Athen. Gleichzeitig haben die Verhandlungen über eine mögliche Auszahlung der von Griechenland benötigten Hilfsmilliarden begonnen. Bislang verlaufen die Gespräche zwischen der Ex-Troika und der griechischen Regierung äußerst zäh.

Auch wenn die schrillen Töne aus Athen dies nicht erleichtern, muss man beide Vorgänge – die Lösungssuche angesichts der leeren Kassen in Hellas und das gleichzeitige Gezeter der griechischen Regierung – in einem Zusammenhang sehen. Ob Griechenland die nächsten Monate finanziell überstehen kann, dürfte sich eher still und leise am Verhandlungstisch klären. Gleichzeitig geht es für beide Seiten – die Gläubiger und die Regierung von Alexis Tsipras – aber um die Deutungshoheit. Und zwar vorsorglich auch schon für den Fall, dass die Lage in Griechenland außer Kontrolle geraten sollte.

Wenn man die Dinge nüchtern betrachtet, hat zunächst einmal die inzwischen umbenannte Troika zu klären, wie es um die Einnahmen des griechischen Staates bestellt ist. Die ungeliebten Prüfer aus Brüssel, Washington und Frankfurt müssen bewerten, was die Vorschläge von Tsipras und seines Finanzministers Yanis Varoufakis wirklich wert sind. Erst wenn die Pläne der Athener Links-rechts-Regierung das Plazet der Geldgeber erhalten, können neue Milliarden fließen. Auf dieses Verfahren hat sich Varoufakis Ende Februar mit seinen Euro-Partnern in Brüssel verständigt.

Die Buchprüfung in Athen wird sich wohl noch einige Zeit hinziehen. Aber es ist nach wie vor nicht ausgeschlossen, dass das technokratisch anmutende, aber letztlich notwendige Verfahren zu einem guten Ende führt für beide Seiten – für Griechenland und die übrigen 18 Partner in der Europäischen Währungsunion. Den berüchtigten „Grexit“ will ja keiner.

Schuld sind stets die anderen - das ist das Athener Narrativ

Aber wer kann im Moment seine Hand schon dafür ins Feuer legen, dass es wirklich nicht zum Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone kommt? Angesichts seiner Wahlversprechen verfügt das Linksbündnis Syriza nur über einen sehr begrenzten politischen Spielraum gegenüber den „Institutionen“ der Gläubiger. Es ist durchaus denkbar, dass Tsipras, Varoufakis und Co. in den nächsten Wochen die von den Geldgebern verlangten Reformauflagen nicht erfüllen werden – weil sie aus politischen Gründen dazu gar nicht in der Lage sind.

In dieser Situation setzt das Duo in Athen nun darauf, dass sich der Wind in Europa am Ende doch noch in ihre Richtung drehen möge. Mit immer neuen Schuldzuweisungen, die sich abwechselnd an die Adresse der Europäischen Zentralbank, des deutschen Ressortchefs Wolfgang Schäuble und Deutschlands insgesamt richten, versucht die Regierung in Athen aus der Defensive zu kommen. Schuld sind stets die anderen – dies ist ein Athener Narrativ, das sich vor allem an die Syriza-Wähler richtet. Einen tragfähigen Kompromiss wird die griechische Regierung so aber nicht erreichen.

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