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Meinung: Über Gebühr

Schleichwerbung, Boßdorf, Ullrich-Vertrag: Die ARD lässt sich durch nichts erschüttern

Wie viele Affären dürfen’s denn sein? Bei der ARD immer ein paar mehr als anderswo. Da war diese Schleichwerbung: ARD-Sender und ARD-Töchter verkauften ihre Programme im Gegengeschäft mit Product Placement. Die Sportchefs zweier Sender, Jürgen Emig (HR) und Wilfried Mohren (MDR), verscherbelten Sendeflächen und füllten nebenbei die eigenen Taschen. Dann dieser Vertrag mit dem Radstar Jan Ullrich. Der ließ sich exklusiv interviewen und fuhr für ARD-Siegprämien schneller ins Ziel. Doping? Der ARD-Dopingexperte wurde in die Besenkammer gesperrt, und schon war das Thema erledigt. Hagen Boßdorf, der ARD-Sportkoordinator, schleppt eine Stasi-Verstrickung mit sich und muss sich einem Ermittlungsverfahren stellen; er schrieb die Ullrich-Biografie mit, ließ sich für Events von Fußballklubs und Radställen engagieren.

All diese Affären stammen nicht aus Jahrzehnten ARD-Geschichte, sie sind aktuell bis heute. Das stört die ARD nicht. Der Sportkoordinator Boßdorf bekam jetzt seinen Vertrag bis 2012 verlängert. Günter Struve als ARD-Programmchef ebenso, jener Struve, der den Ullrich-Vertrag nicht gelesen hatte, was in der ARD-Kaste egal ist, weil der Chef der Ullrich-Betreuungsanstalt, SR-Intendant Fritz Raff, auch nicht Bescheid gewusst haben will. Raff wird 2007 ARD-Vorsitzender.

Die ARD, namentlich ihre Intendanten leben in ihrer eigenen Wirklichkeit, in einer Wagenburg. Von draußen dringt nichts herein, was nach draußen dringt, sind Ukas an die Mitarbeiter, die in ihrer Unvollkommenheit nichts Besseres zu tun haben, als unappetitliche Affären anzuzetteln. Die Chefs müssen dann aufwendig tagen, ein bisschen tadeln. Schon geht es heiter weiter.

Die Spitzenkräfte der ARD sind keine böswilligen Gesellen, das nicht, sie sind Teflon-Geschöpfe, an denen alles abperlt. Uns kann keener! Die Aufsichtsgremien wie die Rechnungshöfe werden für dumm verkauft, was so schwierig nicht ist, denn sie lassen sich für dumm verkaufen. Oder hat sich einer dafür interessiert, wie raffiniert der Vertrag mit Entertainer Harald Schmidt an den Gremien vorbei konstruiert ist, damit kein Rundfunkrat über das Schmidt-Honorar staunen kann? Die Medienpolitiker der Parteien regen sich mal über das „Tollhaus ARD“ auf, für den Senderverbund kein wirkliches Problem, wenn Spitzenpolitiker derselben Parteien über tausendundeine Einladung in die Talkshows stillgestellt werden können.

Ein Gegenmittel gegen die ARD-Selbstherrlichkeit ist nicht zur Hand. Was eines wäre, wäre das Geld, das der Gebührenzahler an die ARD Monat für Monat überweist. Diese Gebühr aber ist eine Zwangsgebühr. Unzufriedenheit oder schlichte Nicht-Nutzung, das sind alles keine Gründe, die Monatsgebühr nicht zu bezahlen. Wer nicht zahlt, macht sich strafbar. Und die ARD wird noch reicher: Vom 1. Januar 2007 an werden Internet-PCs und UMTS-Handys gebührenpflichtig. Die in der Wagenburg jubeln schon. Schampus für wenige, Rechnung ans Volk.

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