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Gastkommentar: Überall Chauvinisten

Die Mitte des Landes wird als rechtsextrem diffamiert. Die Rechtsextremismus-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung ist nicht seriös, sondern eine offen ausgesprochene linke Kampfschrift gegen liberale und konservative Auffassungen und die hiesige Gesellschaftsordnung.

In die Diskussion um die mangelnde Integrationsbereitschaft bestimmter Ausländergruppen und Deutschenfeindlichkeit platzten vergangene Woche die Ergebnisse einer von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegebenen Rechtsextremismusstudie. Hiernach sind breite Teile der Gesellschaft bis in die Mitte hinein ausländerfeindlich und chauvinistisch. Das Ergebnis nahmen insbesondere diejenigen erleichtert auf, die in den Deutschen immer nur die Bösen und die Täter sehen und in Ausländern die Guten und die Opfer. Liest man jedoch die Studie genauer, wird deutlich, mit welch fragwürdigen Mitteln diese Ergebnisse produziert wurden.

Zu den Dimensionen, mit denen ein rechtsextremistisches Weltbild gemessen wird, gehören die Befürwortung einer rechtsgerichteten Diktatur, Chauvinismus, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Sozialdarwinismus und Verharmlosung des Nationalsozialismus. Den Befragten werden für jede Einstellungsdimension drei Statements zur Beantwortung vorgelegt.

Besorgniserregende Werte zeigen sich bei „Chauvinismus“ (19,3 Prozent) und „Ausländerfeindlichkeit“ (24,7 Prozent), bei den anderen Einstellungsdimensionen liegen die Werte trotz mitunter suggestiver Fragestellungen deutlich unter zehn Prozent. So neigen nur sehr wenige zur Verharmlosung des Nationalsozialismus und zu sozialdarwinistischen Statements, die den Kern einer rechtsextremistischen Ideologie ausmachen.

Als Chauvinist beziehungsweise Nationalist gilt den Forschern eine Person, die sich zu einem starken Nationalgefühl bekennt, sich für ein energisches Durchsetzen deutscher Interessen einsetzt und fordert, dass Deutschland die Macht und Geltung erhält, die ihm zustehe. In keinem anderen Land würde eine breite Zustimmung hierfür zu einer öffentlichen Debatte über Rechtsextremismus führen.

Auch bei der Messung ausländerfeindlicher Einstellungen werden missverständliche Statements benutzt. So lässt sich etwa die generalisierte Behauptung „Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen“ nur pauschal mit ja oder nein beantworten. Nachfragen ergäben sicherlich dass viele die Aussage nur bejaht haben, weil sie bei vielen, aber nicht bei allen Ausländern ein derartiges Motiv vermuten. Da weder die Befragten noch die Fragesteller genaueres über Motive von einwandernden Ausländern wissen, sind Zustimmung wie Ablehnung ohnehin spekulativer Natur.

Gleiches gilt für die Behauptung „Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maße überfremdet“. Da nicht definiert ist, wann „Überfremdung“ beginnt oder ob allein schon das Wort „überfremdet“ rassistisch besetzt ist, kann eine Zustimmung nicht von vornherein als pauschale Ausländerfeindlichkeit interpretiert werden.

Die Gründe für das von ihnen selbst produzierte hohe Maß an „Ausländerfeindlichkeit“ und „Chauvinismus“ sehen die Autoren in einer angeblichen Spaltung der Gesellschaft und einem vom Neoliberalismus geprägten Kapitalismus, obwohl sie überrascht zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Menschen trotz Wirtschaftskrise für sich persönlich zuversichtlicher geworden sind. Gleichzeitig übersehen sie, dass die vom realen Sozialismus geprägten Ostdeutschen schon am Vorabend der Wiedervereinigung ausländerfeindlicher als die Westdeutschen eingestellt waren.

Diese Studie ist nicht seriös, sondern eine offen ausgesprochene linke Kampfschrift gegen liberale und konservative Auffassungen und die hiesige Gesellschaftsordnung. Die staatstragenden Kräfte – die soziale und politische Mitte –, die den Sozialstaat finanzieren, sich für den Zusammenhalt der Gesellschaft einsetzen und überdurchschnittlich häufig ehrenamtlich tätig sind, werden als extremistisch diffamiert. Das ist absurd! Damit soll offenbar von der notwendigen Diskussion um eine Leitkultur abgelenkt werden, die allein auf der Werteordnung unserer Verfassung gründen kann.

Der Autor ist Politikwissenschaftler und leitet den Forschungsverbund SED-Staat an der FU.

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