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Meinung: Übertrieben, untertrieben

Von Gerd Nowakowski

Land der Nazis, immer noch – das war das schnelle Urteil in Italien als der Überfall von drei Glatzköpfen auf einen Landsmann in Berlin publik wurde. Der Italiener war betrunken gestürzt, von Nazis keine Spur, wissen wir nun. Kann das beruhigen? Am selben Tag warnt Uwe-Karsten Heye, für Schwarze könnte ein Besuch in Brandenburger Landstrichen lebensgefährlich sein. Darf der das sagen? Als ehemaliger Sprecher der Bundesregierung, als in den USA weithin bekannter Ex-Generalkonsul in New York? Klar darf er, weil es nun seine Rolle ist, als Mahner aufzutreten für die Aktion „Gesicht zeigen“. Und weil nicht falsch ist, was Heye sagt: Selbst im liberalen Potsdam gibt es rassistische Taten, zeigt der Fall Ermyas M. Ministerpräsident Matthias Platzeck, der flugs seinen Parteifreund Heye zurechtwies, muss aufpassen, nicht alte Fehler zu wiederholen. Sein Vorgänger Manfred Stolpe hat spät eingeräumt, dass es falsch war, die Realität der rechtsradikalen Schläger weggeredet zu haben. Die Zahl rassistischer Überfälle ist in Brandenburg zurückgegangen; aber jede Tat ist eine zu viel. Als Sprecher der Bundesregierung konnte Heye sehr nuanciert Schröders Politik darstellen. Er weiß, dass Deutschland unter besonderer Beobachtung steht, im Ausland wie unter einem Brennglas registriert wird – manchmal verzerrt – was hier geschieht. Deutschland wird seine Geschichte nicht los – auch wenn Weißen in US-Großstädten ebenfalls geraten wird, bestimmte Viertel zu meiden. Der Lage angemessen sprechen muss auch ein Mahner, damit im WM-Jahr nicht der Eindruck entsteht, Keulen tragende Glatzen seien deutscher Alltag. Umso mehr muss die Politik zeigen, dass dieses Land weltoffen ist und Nazis unbarmherzig verfolgt. Damit Heye schweigen kann.

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